Ärztekammer warnt vor Mangel an Fachärzten auf dem Land Von Oliver von Riegen, dpa

Bisher blicken viele auf den erwarteten Mangel an Hausärzten in
Rheinland-Pfalz. Auch andere Mediziner werden fehlen, meint der
Präsident der Landesärztekammer und nennt mögliche Rezepte.

Mainz (dpa/lrs) - Der Ärztemangel in ländlichen Regionen in
Rheinland-Pfalz betrifft nach Ansicht der Landesärztekammer in den
nächsten Jahren nicht nur Hausärzte - auch die Versorgung mit
Fachärzten droht schlechter zu werden. «Die fachärztliche
Grundversorgung ist noch nicht so im Fokus. Der Mangel wird aber auch
dort kommen, zum Beispiel bei Augen- oder HNO-Ärzten», sagte der
Präsident der Landesärztekammer, Günther Matheis, der Deutschen
Presse-Agentur in Mainz. Es gebe zu wenige Ärzte. «Und bei den
jüngeren Kollegen darf man nicht mehr das Modell 24 Stunden - 7 Tage
voraussetzen. Da ist mehr Teilzeit gewünscht. Die ländlichen Regionen
sind auch nicht so attraktiv.»

Der Mangel an Hausärzten ist nach seinen Angaben bereits absehbar.
«Wir wissen aus unseren Statistiken, dass die Hälfte der
praktizierenden Allgemeinmediziner über 55 Jahre alt ist, und ein
Drittel ist weit über 60», sagte Matheis, der Herz- und Thoraxchirurg
in Trier ist. «Das zeigt, dass sich das Problem in den nächsten
Jahren noch verschärfen wird.» Im vergangenen Jahr waren 21 468 Ärzte

bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz registriert. Die Zahl ist
zwar um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen, deckt aber
nach Einschätzung der Kammer nicht den künftigen Bedarf ab.

Der Landesärztekammer-Präsident fordert von der Landesregierung, mehr
Studienplätze für Humanmedizin zu schaffen, damit es flächendeckend
mehr Ärzte gibt. «In Zukunft wird die «Alleinunterhaltungspraxis» t
ot
sein. Das möchte niemand mehr machen», sagte Matheis. «Wir brauchen
zehn bis zwölf Prozent mehr Plätze. Dafür kann die Landesregierung
sorgen.» Die Zahl der Medizin-Studienplätze soll nach Angaben der
Landesregierung steigen - ab dem Wintersemester 2020/2021 um rund 20
pro Jahr. Die Pläne sind aus Sicht von Matheis zwar ein guter
Schritt, aber nicht ausreichend.

Eine Landarztquote mit einem Studienplatz als Anreiz für Studenten,
die sich für die Arbeit als Landarzt verpflichten, lehnt der
Präsident ab. «Ich bin ein strikter Gegner der Landarztquote, weil
ich glaube, dass man einen 19- oder 20-jährigen Studenten nicht für
den Rest seines Lebens darauf festlegen kann, dass er jetzt Landarzt
wird», sagte Matheis. «Er kommt während des Studiums plötzlich in d
ie
Situation, dass er lieber HNO-Arzt werden will, darf aber nicht. Was
ich am schlimmsten finde, ist die Gefahr, dass man eine
Zwei-Klassen-Gesellschaft schafft. Jemand kann sich herauskaufen,
wenn die nötigen Mittel vorhanden sind.»

Die Ampel-Regierung will als Rezept gegen Ärztemangel auf dem Land
bis spätestens 2021 eine Landarztquote einführen. Bis zu zehn Prozent
der Medizin-Studienplätze sollen vorab für diejenigen reserviert
werden, die sich bis zu zehn Jahre als Landarzt in Gebieten mit einem
Mangel verpflichten. Ein Zehntel der Studienanfänger der Unimedizin
Mainz wären derzeit rund 20. Wer die Verpflichtung nicht einhält,
soll nach den Plänen bis zu 250 000 Euro Strafe zahlen - es soll auch
eine Härtefallregelung geben. Dazu kommt die geplante Aufstockung der
Studienplätze. Nach Ansicht der CDU-Opposition fällt der Ausbau der
Plätze zu gering aus.