Scharfe Kritik an UNAIDS-Spitze: autokratisch und Kultur der Angst

Genf (dpa) - Das UN-Programm UNAIDS steckt nach Vorwürfen des
Missbrauchs und der Führungsschwäche nach Überzeugung unabhängiger

Experten in einer schweren Krise. «Die Anhaltspunkte für eine kaputte
Organisationskultur, die dem unabhängigen Expertengremium vorliegen,
sind überwältigend», heißt es in dem am Freitag in Genf
veröffentlichten Bericht.

Mitarbeiter hätten eine Arbeitskultur der Angst, des Misstrauens und
der Vergeltung bei Kritik beschrieben. 58 Prozent hätten in einer
Umfrage angegeben, grobes Fehlverhalten von Vorgesetzten erlebt zu
haben. Der Führungsstil sei autokratisch.

«Ich nehme die Kritik an», teilte Exekutivdirektor Michel Sidibé mit,

der selbst mit im Zentrum der Vorwürfen stand. Einen Rücktritt bot er
nicht an. Er habe tiefgreifende Veränderungen angeordnet. Alle
Mitarbeiter würden darin schult, Fehlverhalten zu erkennen und zu
melden. UNAIDS wurde 1996 gegründet, um die UN-Aktivitäten den Kampf
gegen die Immunschwächekrankheit Aids zu bündeln.

Die Experten sollten Vorwürfe prüfen, wie die Organisation mit
Beschwerden über Schikanierung, sexuelle Belästigung, Mobbing und
Machtmissbrauch umgeht. Auslöser war die Beschwerde einer
Mitarbeiterin, die brutale Annäherungsversuche eines ranghohen
Mitarbeiters intern angezeigt hatte. Statt den Beschuldigten damit zu
konfrontieren, sei ihr eine Beförderung angeboten worden, damit sie
die Vorwürfe fallen lasse, berichtete die Frau. Nachdem der Fall
publik wurde, kamen so viele andere Vorwürfe gegen den Führungsstil
des Sekretariats ans Licht, dass Sidibé die Untersuchung anordnete.