CDU wählt Parteispitze - Merkel wirbt für Einigkeit und Kompromisse

Die Parteivorsitzende tritt ab. Nach 18 Jahren. Eine Ära geht zu
Ende. Merkel sagt, ungewohnt emotional: «Es ist diese Fröhlichkeit im

Herzen, die ich meiner Partei auch für die Zukunft wünsche.»

Hamburg (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft, dass die
CDU trotz des Wettbewerbs um die Parteispitze mit Geschlossenheit und
Kompromissfähigkeit in die nächsten Wahlkämpfe gehen wird. Die CDU
könne auch in diesen schwierigen Zeiten gute Ergebnisse erringen,
«wenn wir geschlossen und entschlossen kämpfen», sagte die scheidende

Parteivorsitzende am Freitag beim CDU-Parteitages in Hamburg. «Wohin
uns nicht enden wollender Streit führt, dass haben CDU und CSU in den
letzten Jahren bitter erfahren», fügte sie in ihrer letzten Rede als
Parteichefin warnend hinzu. Merkel, die nach mehr als 18 Jahren an
der CDU-Spitze nicht mehr für den Vorsitz antritt, wurde von den 1001
Delegierten mit einem knapp zehnminütigen, stehenden Applaus
verabschiedet. Viele hielten Schilder mit der Aufschrift «Danke,
Chefin» hoch.

Im Mittelpunkt des Parteitages stand die Wahl eines Nachfolgers der
Bundesvorsitzenden, die nach Kritik und Wahlschlappen in Bayern und
Hessen Ende Oktober ihren Rückzug von der CDU-Spitze erklärt hatte.
Als Bundeskanzlerin wird Merkel aber weitermachen. Den Parteitag
nutzte sie auch für eine Blick zurück. Sie sagte, die CDU habe nach
der Parteispendenaffäre damals nicht klein beigegeben, sondern «wir
haben es allen gezeigt». Sie betonte, die Aussetzung der Wehrpflicht
2011 sei richtig gewesen.

Um ihre Nachfolge im Parteivorsitz bewerben sich Generalsekretärin
Annegret Kramp-Karrenbauer, der frühere Unionsfraktionschef Friedrich
Merz und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Beobachter erwarten
ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Kramp-Karrenbauer und Merz. Mit
Spannung wird auch erwartet, ob Spahn mit einem zweistelligen
Ergebnis zumindest einen Achtungserfolg erzielen kann. Im Rennen um
den Parteivorsitz gilt er als weitgehend chancenlos.

Es ist das erste Mal seit 1971, dass die CDU-Delegierten bei der Wahl
ihres Vorsitzenden zwischen mehreren Kandidaten entscheiden. Die
Noch-Parteichefin begrüßte den Wettbewerb. «Das ist Demokratie pur,
wenn Auswahl besteht», hatte Merkel am Vortag erklärt. Spahn betonte
kurz vor der Wahl, er wolle vorab keine Empfehlung für einen der
beiden anderen Kandidaten abgeben, sollte es zu einer Stichwahl
zwischen ihnen kommen.

Die Stimmung zwischen den Top-Kandidaten Merz und Kramp-Karrenbauer
hatte sich kurz vor dem Parteitag verschärft. Neben dem Vorsitzenden,
den fünf Stellvertretern, dem Schatzmeister und fünf weiteren
Präsidiumsmitgliedern werden in Hamburg auch 26 Mitglieder des
Bundesvorstands sowie 19 Beisitzer gewählt. Offen ist, ob die 1001
Delegierten auch schon einen neuen Generalsekretär wählen. Das
entscheidet der neue Parteichef.

Außerdem soll der Parteitag nach dem Willen des Bundesvorstands einen
Beschluss zum umstrittenen UN-Migrationspakt fassen. Die Wähler
reagierten zunächst positiv auf die Wechselstimmung bei den
Christdemokraten. Im neuen ARD-Deutschlandtrend gewannen CDU und CSU
vier Prozentpunkte hinzu und kamen somit auf 30 Prozent.