JU-Deutschlandtag: Ruf nach Geschlossenheit in der Union

Die Umfragen sind miserabel. CSU und CDU stehen in Bayern und Hessen
vor einem Desaster. Kommt der Appell zur Geschlossenheit zu spät?

Kiel (dpa) - Angesichts der drohenden schweren Verluste bei den
Wahlen in Bayern und Hessen haben führende Unionspolitiker CDU und
CSU zu Zusammenhalt aufgerufen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
appellierte am Samstag auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU)
in Kiel an beide Parteien, «dass wir uns jetzt an die Wähler wenden
und nicht miteinander Fingerhakeln machen». Viele Wähler hätten sich

noch nicht entschieden. Sie würden es aber nicht gutheißen, wenn es
Streit gebe und sie noch nicht einmal verstünden, um was es gehe.

Die anhaltenden Personaldebatten und Schuldzuweisungen in der CSU
zwischen Parteichef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder
sorgen in der Union für Nervosität eine Woche vor der Wahl in Bayern
und drei Wochen vor der Abstimmung in Hessen. Nach jüngsten Umfragen
müssen CSU und CDU mit schweren Verlusten rechnen. Merkel hob hervor,
die heutige Zeit sei «extrem entscheidend für die Weiterentwicklung
von CDU, von CSU, unseres Parteiensystems insgesamt».

Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief die Union zu
Zusammenhalt auf. «Wir als Union, wir wollen uns nicht spalten
lassen, nicht als Partei, nicht als Land, nicht als Bürger. Wir
wollen Zusammenhalt durch Zuversicht», rief Spahn den Delegierten und
Gästen auf dem Deutschlandtag zu. Natürlich würden auch ihn die
Umfragen umtreiben. Es gelte jetzt, auf Sachthemen zu setzen,
Veränderungen anzustoßen und zu gestalten. Er wies eine
Zusammenarbeit mit Linkspartei und AfD kategorisch zurück. Er wolle
nicht mit denen koalieren, er wolle die Wähler zurückgewinnen. Spahn,
der beim Unions-Nachwuchs gut gelitten ist, erhielt großen, aber
nicht überschwänglichen Beifall.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt beschwor nach den
erbitterten Streitigkeiten den Zusammenhalt der Schwesterparteien.
«Die Gemeinsamkeit von CDU und CSU ist unverrückbar, auch wenn wir
uns im Detail mal unterscheiden», sagte er. Die CSU gibt vor allem
Merkel und ihrer großen Koalition die Schuld an den miserablen
Umfragewerten in Bayern. Dennoch hielt sich Dobrindt in seiner Rede
mit Kritik und Schuldzuweisungen an die Kanzlerin sehr zurück.

Merkel ihrerseits bezeichnete den lang anhaltenden Streit mit der CSU
über die Migrationspolitik als Ursache für die schlechten
Umfragewerte vor den beiden Landtagswahlen. Dobrindt sagte, die Union
verstehe sich als Heimat für ein großes bürgerliches Spektrum, das
von der Mitte bis zur demokratischen Rechten reiche.

Offensichtlich mit Blick auf diesen Streit der vergangenen Monate
rief Merkel den Delegierten zu: «Lassen Sie uns nicht anfangen, uns
wieder in Gruppen zu teilen: die Migranten und die Deutschen, die im
Osten und die im Westen, die Griechen und die Italiener und die
Deutschen. Das Erste sind die Vorurteile, die kommen, das Zweite sind
die ausgesprochenen Gedanken, die Sprache, die Verhetzung, und das
Dritte sind die Taten gegen andere Gruppen.» Merkel erhielt durchaus
wohlwollenden Beifall des ihr in der Regel sehr kritisch
gegenüberstehenden Unions-Nachwuchses.

Die CDU-Vorsitzende forderte einen gemeinsamen Plan der Union in der
Flüchtlingspolitik. Man solle sich nicht permanent mit der
Vergangenheit beschäftigen, sondern nach vorne schauen, verlangte
sie. Es gehe darum, den Flüchtlingszuzug aus Afrika oder Asien vor
allem über eine neu ausgerichtete Entwicklungszusammenarbeit
einzudämmen. Diese müsse in den nächsten zehn Jahren deutlich
ausgeweitet werden. Ziel sei eine eigene selbsttragende Wirtschaft in
den afrikanischen Ländern, sonst werde der Flüchtlingszuzug nicht
begrenzt werden können.

Die Bundeskanzlerin rief Europa erneut auf, in zentralen
Politikfeldern endlich gemeinsame Strategien zu entwickeln. Wenn
Deutschland weiterhin in der globalisierten Welt vorne mitspielen
wolle, gehe das nur zusammen in Europa. Als zentrale Bereiche für
gemeinsame Strategien nannte sie vor allem die Außen- und
Sicherheitspolitik sowie Forschung und Entwicklung. Es gehe um ein
«gemeinsames Auftreten als globaler Akteur», etwa gegenüber Russland,

China oder in Afrika, sagte sie.