Woidke verspricht Aufklärung im Pharmaskandal

Die Aufklärung im Brandenburger Pharmaskandal zieht sich hin - doch
der Gesundheitsausschuss in Potsdam drückt aufs Tempo. Regierungschef
Woidke verweist auf den bald vorliegenden Bericht von Experten.

Potsdam (dpa) - Im Skandal um den Handel mit gestohlenen
Krebsmedikamenten hat Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke eine
umfassende Aufklärung zugesagt. Es müsse geklärt werden, was bei der

Aufsicht und Kontrolle schief gelaufen sei, sagte der SPD-Politiker
am Donnerstag in einer erneuten Sondersitzung des
Gesundheitsausschusses des Landtags in Potsdam. Mehrfach verwies er
darauf, dass der in zwei Wochen erwartete Untersuchungsbericht der
eingesetzten Expertenkommission abgewartet werden müsse. In dem
Skandal sollen die brandenburgischen Behörden jahrelang trotz
vorliegender Hinweise auf einen illegalen Medikamentenhandel des
Unternehmens Lunapharm nicht durchgegriffen haben.

Woidke stellte sich hinter Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke).
«Momentan hat Frau Golze mein vollstes Vertrauen», sagte er im
Ausschuss. Vor wenigen Tagen hatte er allerdings auch eine Umbildung
des Kabinetts nach Vorliegen des Expertenberichts nicht
ausgeschlossen. Vor Journalisten sagte er, mit einer Veränderung an
der Spitze des Ministeriums wäre man derzeit nicht gut beraten. Es
gehe erst darum, die Sicherheit für die Menschen wieder herzustellen.
Nach dem Vorliegen des Berichts werde man entscheiden, welche
Strukturen im Land oder sogar europaweit verändert werden müssten und
auch, ob es personelle Konsequenzen gebe.

Unterdessen war in Berlin bekannt geworden, dass mindestens 220
Patienten allein im Raum Berlin-Brandenburg die in Frage stehenden
Medikamente erhielten - über drei Berliner Apotheken, wie ein
Sprecher der Gesundheitsverwaltung erklärt hatte. Das gesamte Ausmaß
ist aber noch unklar, ebenso wie die Frage, ob die Krebsmedikamente
womöglich unwirksam waren. Auch eine Reihe anderer Bundesländer soll
betroffen sein. Direkt an Brandenburger Apotheken wurden die
Medikamente nach bisherigen Ermittlungen nicht geliefert.

Der Chef der vom Gesundheitsministerium in Potsdam eingesetzten
Expertenkommission, Ulrich Hagemann, sagte vor dem Ausschuss, es sei
seiner Meinung nach wahrscheinlich, dass die Medikamente in guter
Qualität an die Patienten gegangen seien. Es sei auch nicht richtig,
dass immer eine Kühlkette eingehalten werden müsse. Von einer
Fälschung von Medikamenten spreche man in Fachkreisen auch dann, wenn
ausschließlich der reguläre Vertriebsweg nicht eingehalten werde -
unabhängig vom Inhalt der Packungen.

Das Potsdamer Gesundheitsministerium verbreitete unterdessen eine
Chronologie der Ereignisse. Demnach gab es den ersten Hinweis auf
möglicherweise illegalen Medikamentenvertrieb durch Lunapharm in
Potsdam bereits am 2. Dezember 2016 in einer Mail des Bundesinstituts
für Arzneimittel und Medizinprodukte an das Ministerium, dem ein
Hinweis aus Polen beigefügt war. Massiv eingegriffen wurde aber erst,
nachdem das ARD-Magazin «Kontraste» berichtet hatte.