gesendeten Textes) Jenseits von Jan Ullrich: Wie Sportstars ihr Karriereende meistern Von Thomas Wolfer, dpa

Der Absturz des einstigen Tour-de-France-Siegers Jan Ullrich
schockiert viele. Andere Sportstars haben ihr Karriereende besser
verkraftet. Einige leben zurückgezogen, andere suchen weiter das
Rampenlicht.

Berlin (dpa) - Mit seiner Festnahme erst auf Mallorca und wenig
später in Frankfurt erregt Ex-Radprofi Jan Ullrich (44) seit Tagen
viel Aufsehen. Am Freitagabend war der Tour-de-France-Sieger von 1997
vorläufig in eine psychiatrische Fachklinik eingewiesen worden.
Sportstars nach dem Karriereende: Wie meistern andere
Individualsportler den Umbruch in ihrem Leben? Während sich einige
ganz aus der Öffentlichkeit zurückziehen, können andere anscheinend
nicht ohne Rampenlicht.

Von Boris Becker über Rosi Mittermaier bis zu Franziska van Almsick -
die Deutsche Presse-Agentur wirft einen Blick auf große Namen
vergangener Tage.

BORIS BECKER: Der dreimalige Wimbledonsieger und seine Frau Lilly
gaben jüngst ihre Trennung bekannt, und wieder einmal war die
Aufmerksamkeit in Deutschland äußerst groß. «Seit über 30 Jahren
lebe
ich öffentlich. Dafür zahlt man einen Preis», sagte der 50 Jahre alte

Becker jüngst in einer ARD-Dokumentation. Schlagzeilen zu Beckers
Beziehungen oder seinen finanziellen Verhältnissen ziehen immer. In
der Tennis-Szene ist Becker indes äußerst respektiert, als Trainer
führte er den Serben Novak Djokovic zu großen Erfolgen, als
Co-Kommentator für den TV-Sender Eurosport wurde er ausgezeichnet.

KATARINA WITT: Doppel-Olympiasiegerin Katarina Witt ist auch nach
Ende der aktiven Laufbahn nach den Winterspielen 1994 ein Star
geblieben, der sich gut vermarktet. Nach der Eiskunstlauf-Karriere
trat sie noch zehn Jahre bei Eisshows auf und gründete eine Sport-
und Entertainment-Firma, um ihre Ideen selbst umzusetzen. Sie schrieb
Bücher wie die Autobiografie «Mein Leben zwischen Pflicht und Kür»,

war als Schauspielerin in Kinofilmen («Ronin») und TV-Serien zu sehen
und fördert mit ihrer Stiftung die Mobilität behinderter Kinder.
Zudem ist sie Co-Kommentatorin bei der ARD.

STEFFI GRAF: 1999 in Paris holte Tennis-Idol Graf den letzten ihrer
22 Grand-Slam-Titel, 2001 heiratete sie US-Star Andre Agassi. Das
Paar hat zwei Kinder im Teenager-Alter und lebt in Las Vegas, abseits
von Auftritten für ihre Stiftung «Children for Tomorrow» und
Werbepartner oder dem einen oder anderen Interview schirmt die
49-Jährige sich und ihre Familie sorgsam vor der Öffentlichkeit ab.
Von ihrem Privatleben fernab in den USA ist wenig bekannt, Graf und
Agassi treten stets als harmonisches Paar auf.

MAGDALENA NEUNER: Die Biathlon-Rekordweltmeisterin trat 2012 mit nur
25 Jahren zurück und hat mittlerweile zwei Kinder. Die Wallgauerin,
die nach ihrer Hochzeit nun eigentlich Magdalena Holzer heißt und
Neuner nur noch als Künstlernamen trägt, ist ein gefragtes
Werbegesicht und auch im Winter im Einsatz. Der ARD steht Gold-Lena
als TV-Expertin zur Verfügung. Ganz ohne Biathlon kann die 31-Jährige
offenbar noch immer nicht - ein Rücktritt vom Rücktritt kam für die
Doppel-Olympiasiegerin von Vancouver aber nie in Frage.

FABIAN HAMBÜCHEN: Der Hesse beendete nach seinem Olympiasieg am Reck
seine internationale Karriere. Doch er blieb dem Sport weiter
verbunden, turnte noch ein Jahr auf nationaler Ebene in der
Bundesliga. Bei den Winterspielen in Pyeongchang war er als
Interviewer für den TV-Sender Eurosport im Deutschen Haus tätig.
Hambüchen baut derzeit ein Haus in seinem Heimatort Wetzlar und
beteiligt sich an mehreren Charity-Projekten zur Förderung des
deutschen Sport-Nachwuchses.

GEORG HACKL: Auch wenn er nur noch Gaudi-Rennen oder per Wok-Schüssel
den Eiskanal herunterrutscht - der 51 Jahre alte Hackl Schorsch ist
immer noch das bekannteste Gesicht im Rodeln. Der dreimalige
Olympiasieger aus Berchtesgaden ist im deutschen Team als
Techniktrainer immer noch der Tüftler schlechthin. Er hatte mit
seinen Analysen und Fertigkeiten beim Bau der Schlitten erheblichen
Anteil am vierten Olympiasieg von Natalie Geisenberger und den
Doppelsitzern Tobias Wendl/Tobias Arlt.

MICHAEL GROß: Der Albatros beendete nach der WM 1991 in Perth mit 26
Jahren seine Karriere. Langeweile hatte er in der Zeit nach seinem
Rücktritt nie. «Ich hatte Abwechslung, Distanz, das war wichtig für
mich», sagte der dreimalige Olympiasieger einmal in einem Interview.
Groß ist seit über 20 Jahren als Redner und Trainer für Unternehmen,

Verbände oder Fortbildungsinstitute tätig. Nur wenige Male im Jahr
geht er Bahnen schwimmen. Eher steht der 54-Jährige im Winter auf dem
Snowboard, fährt im Sommer auf dem Wakeboard über den See oder mit
dem Mountainbike durch die Wälder im Taunus, wo er wohnt.

FRANZISKA VAN ALMSICK: Bei Olympia 1992 steigt die erst 14-Jährige zu
einem der ersten weiblichen Sportidole der Zeit der Wiedervereinigung
auf. Olympisches Gold gewinnt sie nie. Nach Olympia in Athen beendet
sie mit 26 Jahren die Karriere. Sie bereue ihren Rücktritt vom
Leistungssport «nicht einen Tag», verriet sie zwei Jahre später. Die

40-jährige van Almsick ist stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende
der Deutschen Sporthilfe. Die Van-Almsick-Stiftung setzt sich dafür
ein, dass jedes Kind in Deutschland schwimmen lernen kann.

ROSI MITTERMAIER: Wenige Monate nach ihrem olympischen Doppel-Triumph
1976 tritt «Gold-Rosi» im Alter von 26 Jahren zurück. 1980 heiratet
sie Christian Neureuther und bekommt zwei Kinder, darunter Felix
Neureuther, mittlerweile der erfolgreichste deutsche Weltcup-Fahrer.
Neben der Familie konzentriert sich Mittermaier auf karitative
Projekte vor allem für Kinder. Sie lebt - inzwischen als Großmutter -
in Garmisch-Partenkirchen und ist zusammen mit ihrem Ehemann
weiterhin regelmäßig als Gast bei Sportevents oder in Fernsehshows zu
sehen.

SVEN HANNAWALD: Vier Wettbewerbe für die Historie, acht Flüge zum
Legendenstatus. Sven Hannawald gewinnt 2001/2002 als erster
Skispringer alle vier Springen bei der Vierschanzentournee. Später
wird der Druck zu groß. Hannawald hört früh auf, zerbrach am
Leistungsdruck und psychischen Problemen. In «Mein Höhenflug, mein
Absturz, meine Landung im Leben» beschreibt der gebürtige Sachse 2013
seine turbulente Karriere. Inzwischen ist Hannawald in der
Unternehmensberatung tätig, kommentiert zudem beim Skispringen auf
Eurosport. Und auch privat läuft es rund: Hannawald heiratete
Freundin Melissa in diesem Sommer auch kirchlich.

HENRY MASKE: Als sich der Olympiasieger 1996 nach der einzigen
Niederlage als entthronter Profi-Weltmeister im Halbschwergewicht
zurückzog, war er 32 Jahre und im besten Boxeralter. Maske hatte es
als einer der populärsten Sportler Deutschlands nicht schwer,
beruflich jenseits des Sports Fuß zu fassen. Der «Gentleman», wie er

genannt wurde, ist als Franchisenehmer Chef von mehreren
McDonald's-Filialen in Nordrhein-Westfalen. Zudem ist er als
Motivationsexperte tätig und kümmert sich um seine Stiftung «A Place

for Kids» für sozial benachteiligte Kinder.