Hormonexperten kritisieren EU-Richtlinie zu chemischen Stoffen

Berlin (dpa) - Eine neue Richtlinie der Europäischen Union zu
hormonell wirksamen Stoffen halten Experten für unzureichend. Die
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie kritisierte an der
Vorschrift, dass es «zu viele Schlupflöcher im Bewertungssystem»
gebe, zu viele gefährliche Substanzen kämen durch. «Die EU hat keine

stringenten Lösungen für die Stoffe», sagte Josef Köhrle, Präside
nt
der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie der Deutschen
Presse-Agentur. «Sie müssen schneller und besser untersucht werden.
Es dauert zu lange, bis schädliche Substanzen aus dem Verkehr gezogen
werden.»

Die sogenannten endokrinen Disruptoren werden mit hormonbedingten
Krebserkrankungen, sowie Fortpflanzungs- und Fruchtbarkeitsstörungen
in Verbindung gebracht. Sie finden sich in vielen Alltags- und
Kosmetikprodukten, wie etwa Plastikfolie oder Zahnbürsten.

Auch europäische Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen hatten
eine umfassendere Strategie von der EU-Kommission gefordert. 70 von
ihnen, darunter BUND und Greenpeace richteten ihre Kritik in einem
Schreiben an die Brüsseler Behörde. Aktuelle gehe es nur darum, wie
hormonelle Stoffe als solche identifiziert werden könnten. «Aus Sicht
des BUND werden diese Kriterien leider kaum dazu beitragen, dass
hormonelle Schadstoffe zukünftig schnell erkannt und aus dem Verkehr
gezogen werden», sagte Ulrike Kallee, BUND-Referentin für Chemie. Die
Nachweishürden, um solche Stoffe als Hormongift einzustufen, seien zu
hoch. Die Richtlinie ist seit Juni in der EU verbindlich.