DGB-Chef Hoffmann: Koalition muss zentrale Aufgaben in Angriff nehmen

Berlin (dpa) - DGB-Chef Reiner Hoffmann hat der großen Koalition
vorgeworfen, bei zentralen Themen für die Bürger bisher viel zu wenig
unternommen zu haben. Der Vorsitzende des Deutschen
Gewerkschaftsbundes sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, die
Regierung müsse einen Dialog über relevante Fragen anstoßen, die die

Bürger wirklich bewegten. «Deren Lebenswelt ist zum Teil eine andere
als aus dem politischen Berlin zu hören ist. Die Menschen machen die
Erfahrung, dass es keinen bezahlbaren Wohnraum gibt, die
Verkehrsinfrastruktur grottig ist, dass die Situation in unseren
Schulen zum Teil katastrophal ist. Das sind Themen, die in Angriff
genommen werden müssen.» Bei der Kommunikation der Regierung gebe es
erheblichen Verbesserungsbedarf.

Hoffmann sagte weiter, zwar habe die Koalition aus Union und SPD in
den ersten 100 Tagen einiges auf den Weg gebracht wie die Parität bei
der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, das
Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit und die Einsetzung der
Rentenkommission. «Das reicht aber nicht.» Die Bundesregierung
sollte den im Koalitionsvertrag vereinbarten Kurswechsel in Richtung
soziales und solidarisches Europa jetzt zügig umsetzen. Nur so kann
das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in die europäische
Integration zurückgewonnen werden.»

Zum erbitterten Asylstreit zwischen CDU und CSU sagte Hoffmann: «Es
sind wichtige Fragen, wie wir es als Gesellschaft mit Asylrecht,
Einwanderung und der Integration von Flüchtlingen halten wollen. Umso
mehr verbieten sich verkürzende und populistische Aussagen und
Forderungen. Sie sind verantwortungslos und politisch hoch
gefährlich.» Nicht nur in Migrationsfragen seien europäische Lösung
en
nötig. «Und die lassen sich nicht per Knopfdruck herstellen.»

Die CSU hat Merkel in der Asylpolitik eine Art Ultimatum gestellt.
CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer will Flüchtlinge, die
bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, ab Anfang Juli an
den Grenzen zurückweisen lassen, sollte Merkel vorher keine andere
Lösung finden. Merkel will bis zum EU-Gipfel am Donnerstag/Freitag
kommender Woche bilaterale Einigungen mit anderen europäischen
Ländern erzielen.