Die Weißmacher: Asiatischer Schneckenschleim und andere Aufheller Von Christoph Sator, dpa

Von wegen gesunde Bräune. In Asien wollen viele Leute so weiß wie
möglich werden. Sie versuchen es mit alten Hausmitteln und moderner
Kosmetik. Auch ein deutscher Konzern verdient gut daran. Der neueste
Schrei: Schneckenschleim.

Bangkok (dpa) - Vikit Chatthong gehört zu den Männern, die morgens im
Badezimmer etwas länger brauchen. Ohne Kosmetik geht der
Design-Student aus Bangkok nie aus dem Haus. Das Mindeste an
Zusatzprogramm für den 21-Jährigen jeden Morgen: Papaya-Seife, eine
Extra-White-Gesichtslotion und Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50+.
Alles, damit seine Haut so weiß wie möglich bleibt - oder vielleicht
sogar noch ein bisschen weißer wird.

Den Wunsch nach einem hellerem Teint ist in manchen Ländern Asiens
inzwischen zur Obsession geworden, vor allem unter jüngeren Leuten.
Bereits in früheren Jahrhunderten galt in einigen Dynastien der
Region eine gewisse Blässe als erstrebenswert - wie an europäischen
Höfen übrigens auch. So ausgeprägt wie heute war das Bedürfnis nach

weißer Haut aber noch nie.

Und es sind nicht nur die Frauen. Von Thailands männlichen Studenten
nutzen inzwischen mehr als zwei Drittel (69,5 Prozent) aufhellende
Mittel. Auf den Philippinen sind es 25,4 Prozent, in Indien immerhin
noch 17,4 Prozent. Gründe gibt es genug. Vikit sagt: «Wenn Du als
Mann weißere Haut hast, wirst Du einfach besser wahrgenommen: in der
Uni, im Beruf und auch, wenn Du einen Partner suchst.»

Die Krankenschwester Casey Donkhunsri, ebenfalls aus Bangkok,
schluckt sogar Pillen und lässt sich Spritzen geben, um ihrem
Schönheitsideal näher zu kommen. Mit dem Ergebnis ist sie zufrieden.
«Ich war auch zuvor nicht besonders dunkel. Aber jetzt habe ich mehr
Selbstvertrauen», sagt die 22-Jährige. «Ich glaube, dass Leute mit
einem hellen Teint von der Gesellschaft hier eher akzeptiert werden.»

Anders als in Europa bedeutet braune Haut in großen Teilen Asiens
immer noch, dass man körperlich arbeiten muss, unter freiem Himmel
und oft auch für wenig Geld. So kommt es, dass Büroangestellte in
Bangkok in der Mittagspause gern mit Sonnenschirm unterwegs sind -
oder zumindest mit einer Aktenmappe, die sich über den Kopf halten.

Auch in der Werbung haben asiatische Models meist hellere Haut als
üblich. Vor einiger Zeit klebten in Bangkoks Nahverkehrszügen über
manchen Sitzen sogar Hinweisschilder «Reserviert für Hellhäutige»
-
so wie bei Plätzen für Ältere, Schwangere und Behinderte. Dabei
handelte es sich ebenfalls um Werbung, und zwar der rassistischen
Art, die nach Protesten schnell wieder eingestellt wurde.

«Whitening»-Kosmetik ist alles andere als ein Nischenprodukt. Wer
heute als Europäer Pflegemittel ohne Weißmacher haben will, muss
ziemlich suchen. Selbst die kleinen Läden an der Ecke haben Aufheller
im Angebot, und nicht nur Hausmittel wie Papaya-Seife. Neuester
Schrei sind Crèmes, die Schleim von Schnecken enthalten. Angeblich
verjüngt dies nicht nur die Haut, sondern macht sie auch heller.

Mit der erst 2013 eingeführten Marke «SnailWhite» («SchneckenWeiß
»)
ist der Unternehmer Sarawur Pornpatanaruk zu einem der 50 reichsten
Männer Thailands geworden. Die 50-Milliliter-Dose kostet etwa 25
Euro. Auch bei ausländischen Touristinnen steht Schneckenschleim
gerade hoch im Kurs, wie sich in den Duty-Free-Shops von Bangkoks
Flughäfen zeigt. «In China, Indonesien und auf den Philippinen sehen
wir großes Potenzial», sagt der 41-Jährige.

Beherrscht wird der Markt jedoch von den großen internationalen
Kosmetik-Konzernen wie Beiersdorf mit der Weltmarke Nivea.
«Asiatische Konsumenten verwenden Whitening-Produkte vor allem, um
ein junges, frisches, ebenmäßiges Hautbild zu erreichen», sagt eine
Beiersdorf-Sprecherin. Dazu werde die Produktion der Farbpigmente in
der Haut mit verschiedenen Zusatzstoffen «natürlich reguliert».

«Wie alle unsere Inhaltsstoffe sind auch diese Stoffe dermatologisch
getestet, gut hautverträglich und sicher», versichert der Konzern.
Die Experten streiten sich allerdings, ob das überhaupt etwas bringt.
Zur Geschäftsentwicklung der «Whitening»-Sparte macht Beiersdorf
keine Angaben.

Die Weißmacher-Kosmetik gibt es nicht nur fürs Gesicht, sondern auch
für den Rest des Körpers. Auch Hände und Arme hat man hier gern so

blass wie möglich. Die Sache auf die Spitze trieb zu Beginn des
Jahres eine Schönheitsklinik mit dem Angebot, mit Lasertechnik
asiatischen Männern auch den Penis weißer zu machen.

Der Anthropologie-Professor Yukti Mukdawijira meint dazu nur: «Das
zeigt, in welchem Zustand der Hoffnungslosigkeit sich manche Leute
schon befinden.» Der Hochschullehrer hält die ganze Weiß-Obsession
für eine Form von Rassismus, die noch aus Kolonialzeiten stammt.
Große Hoffnung, dass dies bald vorübergeht, hat er nicht. «Das ist
ein Phänomen, das über mehrere Jahrhunderte entstanden ist. So leicht
wird man das nicht los.»