Bartsch: SPD kann bei Abtreibungs-Werbeverbot Eigenständigkeit zeigen

Berlin (dpa) - Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hat an die SPD
appelliert, sich im Streit über das sogenannte Werbeverbot für
Schwangerschaftsabbrüche von der Union zu emanzipieren. Die
Fraktions- und Parteichefin der SPD, Andrea Nahles, habe bei dieser
Frage eine «wunderbare Chance», zu zeigen, dass die SPD eigenständig

agiere, die Initiative ergreife und die Mehrheit im Bundestag in der
Frage nutze, sagte Bartsch am Dienstag in Berlin. Es gebe bei dem
Thema eine Mehrheit von SPD, Linken, Grüne und FDP im Parlament.

In dieser Frage könnten nicht Koalitionsverträge gelten, mahnte
Bartsch. «Das ist eine Gewissensentscheidung.» Es sei
unverantwortlich, wenn sich die Union bei dem Thema nicht bewege. Die
aktuelle Situation sei für die Betroffenen nicht hinnehmbar.

Die große Koalition streitet über den Paragrafen 219a im
Strafgesetzbuch. Die SPD will ihn reformieren oder abschaffen, weil
er nicht nur Werbung, sondern auch sachliche Informationen für
ungewollt schwangere Frauen verhindere. In der Union gibt es dagegen
große Vorbehalte.

Am Montag hatte der SPD-Parteivorstand per Beschluss damit gedroht,
bei dem Thema mit «reformwilligen» Fraktionen oder Abgeordneten
gemeinsame Sache zu machen, wenn bis zum Herbst kein Kompromiss
stehe. Eine Änderung der umstrittenen Regelung für Ärzte solle dann
etwa über eine Bundestagsabstimmung ohne Fraktionszwang erreicht
werden.

Hintergrund des Streits ist die Verurteilung einer Ärztin aus Gießen,
die auf ihrer Internetseite darauf hingewiesen hatte, dass sie
Schwangerschaftsabbrüche vornimmt.