Impfspritzen undicht - Firma: Rücknahme würde Versorgung gefährden

Wenn bei einer Impfung Impfstoff daneben geht - muss dann nochmal
geimpft werden? Und was heißt das für die Patienten? Undichte
Spritzen bleiben auf dem Markt - das wirft Fragen auf.

München (dpa) - Ein Teil der Impfspritzen der Firma Glaxo Smith Kline
ist undicht - dennoch will der Hersteller die Chargen nicht
zurückrufen. «Eine Marktrücknahme aller theoretisch betroffenen
Impfstoffe würde bedeuten, dass eine ausreichende Versorgung der
deutschen Bevölkerung mit Impfstoffen nicht mehr gewährleistet werden
kann», teilte das Unternehmen am Mittwoch in München mit.

Die fehlerhaften Spritzen können dazu führen, dass Patienten zu wenig
Impfstoff abbekommen, so dass ein weiteres Mal geimpft werden muss.
Die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) hatte zuerst darüber berichtet.
Betroffen seien mehrere Impfstoffe, etwa gegen Tetanus, Keuchhusten
oder Polio.

Dem Bericht zufolge forderten einige Experten, die Produkte vom Markt
zu nehmen. «Dies würde ein erhebliches Risiko für viele Menschen,
auch Kinder, bedeuten, da sie nicht mehr gegen impfpräventable
Erkrankungen geschützt werden könnten», erläuterte hingegen der
Hersteller. Andere Impfstoff-Hersteller wären nicht in der Lage, die
Versorgung sicherzustellen.

Die Zahl der Reklamationen habe bei rund drei von 100 000 gelegen,
sagte Glaxo Smith Kline. In einem Informationsschreiben an die Ärzte
von Anfang April, das auf der Seite des Paul Ehrlich-Instituts
veröffentlicht worden war und auf das sich auch die SZ bezieht, heißt
es ergänzend, die genaue Häufigkeit sei nicht bekannt und könne
deshalb auch höher sein.

Gesundheitliche Gefahren sehen die Hersteller nicht: «Die
Undichtigkeit hat keinen Einfluss auf die Qualität, Sterilität und
Sicherheit unserer Impfstoffe.» Lediglich der Arzt müsse über eine
erneute Impfung entscheiden. Glaxo Smith Kline ersetze bei
Reklamationen alle Impfstoffe. Zu einer möglichen Überdosierung bei
einer Wiederholung der Impfung schreibt das Unternehmen, die
berichteten Nebenwirkungen seien zumindest für einen guten Teil der
Impfstoffe «vergleichbar mit denen nach Verabreichung der
Standarddosis».

Es sei allerdings klar, dass eine zusätzliche Impfung belastend
wirken könne. Der Arzt müsse im Einzelfall entscheiden, unter anderem
nach der Menge des ausgetretenen Impfstoffs und unter Abwägung von
Wirkung und Nebenwirkung.

Bereits seit 2015 wurden verstärkt undichte Spritzen mit einem
Keramik-beschichteten Spritzenkonus gemeldet; die lecke Stelle war
an der Verbindungsstelle zur Nadel. «Wir haben umgehend die Behörden
informiert und uns mit diesen abgestimmt», teilte das Unternehmen
mit. Der unbenutzten Spritze ist eine mögliche Undichtigkeit nicht
anzusehen - das zeigt sich erst, wenn beim Impfen Serum daneben
läuft.

Mit den Spritzen-Herstellern seien Korrekturen vorgenommen worden,
seit Januar 2018 würden verbesserte Spritzen genutzt. Allerdings
seien derzeit noch potenziell undichte Spritzen im Verkehr.

Wie Ärzte damit umgehen sollen, dazu verweist das Unternehmen auch
auf Empfehlungen diverser Organisation. Beim amerikanischen CDC
(Center for Disease Control and Prevention) heißt es etwa, bei einer
partiellen Gabe eines Impfstoffes aufgrund einer undichten Spritze
oder Nadel sollte die Impfdosis wiederholt werden. Ähnlich lautet der
Rat bei der englischen PHE (Public Health England). Die WHO wiederum
rät dem Schreiben zufolge für verschiedene Impfungen, das Impfschema
fortzusetzen ohne die vorangegangene Dosis zu wiederholen.

Glaxo Smith Kline entschuldigte sich unterdessen bei allen
Betroffenen: «Wir bedauern den im Zusammenhang mit undichten
Impfstoffspritzen entstandenen Aufwand für Ärzte und Patienten.»