Klöckner und Schulze demonstrieren Einigkeit beim Glyphosat-Ausstieg

Monatelang haben sich Umwelt- und Agrarministerium um Glyphosat
gezofft. Jetzt wollen die neuen Ministerinnen beim Ausstieg
demonstrativ an einem Strang ziehen. Klappt das ohne ein Verbot? Es
könnte einen Umweg geben.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will beim Ausstieg aus dem
Unkrautgift Glyphosat ausdrücklich an einem Strang ziehen und erwägt
Zulassungsbeschränkungen für glyphosathaltige Mittel. Agrarministerin
Julia Klöckner (CDU) zeigte sich am Montag skeptisch mit Blick auf
ein nationales Verbot des Wirkstoffs, kündigte aber einen raschen
Vorstoß zur Reduzierung des Glyphosat-Einsatzes an. Sie werde in den
nächsten Tagen einen Vorschlag machen, wie die Anwendung
eingeschränkt werden könne, sagte Klöckner am Montag vor Sitzungen
der CDU-Führungsgremien in Berlin.

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte der «Rheinischen Post»,
dass ein Verbot des Wirkstoffs nur auf EU-Ebene möglich sei. Auf
nationaler Ebene gehe es aber um die Mittel, die ihn enthalten. Die
Zulassungen für glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel müssen in
diesem Jahr erneuert werden. Zuständig für die Zulassung sind das
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebenmittelsicherheit (BVL) und
das Umweltbundesamt (UBA). Der «systematische und schrittweise
Ausstieg» müsse bis 2021 vollendet sein, bekräftigte Schulze.

Ein Sprecher des Umweltministeriums verwies darauf, dass mehr als 80
Kommunen und mehrere Unternehmen schon jetzt den Einsatz von
Glyphosat auf ihren Flächen ablehnen. «Der Ausstieg ist möglich, der

Ausstieg ist auch schon längst im Gang», sagte er.

Klöckner betonte, dass sie sich an den Koalitionsvertrag halte: «Ich

bin da vertragskonform», sagte sie. Auch das Umweltministerium
verwies darauf, dass Union und SPD sich auf eine Minderungsstrategie
geeinigt hätten mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich zu
beenden. Im Vertrag heißt es weiter: «Die dazu notwendigen
rechtlichen Maßnahmen werden wir in einem EU-konformen Rahmen
verankern.»

Die Agrarministerin hatte der «Süddeutschen Zeitung» vor dem
Hintergrund rechtlicher Bedenken der EU-Kommission gegen ein
Glyphosat-Verbot in Österreich gesagt: «Verbote haben nicht immer
Bestand.» Sie betonte später, sie habe sich nicht gegen ein Verbot
von Glyphosat ausgesprochen. «Ich habe darauf hingewiesen, dass es
eine europarechtliche Frage ist.» Das von Österreich ausgesprochene
Komplettverbot sei europarechtswidrig.

Kärnten, dessen Parlament im Januar 2018 als erstes österreichisches
Bundesland ein Glyphosatverbot auf öffentlichen Flächen beschloss,
wurde von der EU ausgebremst: Sich nur auf das Vorsorgeprinzip zu
berufen, reiche nicht. Seitdem läuft die Suche, wie ein nationales
Verbot aussehen könne, das nicht gegen Europarecht verstößt. Die
österreichische Regierung hat eine Machbarkeitsstudie zum
Voll-Ausstieg in Auftrag gegeben, die bis Ende 2018 vorliegen soll.

Der Unkrautvernichter Glyphosat war 2017 in der EU nach monatelangem
Streit für weitere fünf Jahre zugelassen worden. Der ehemalige
Agrarminister Christian Schmidt (CSU) veranlasste gegen den Willen
von Ex-Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), dass Deutschland in
Brüssel zustimmte, was für erhebliche Verstimmungen in der großen
Koalition sorgte und ihm einen Rüffel von Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) einbrachte.

Die Internationale Krebsforschungsagentur der
Weltgesundheitsorganisation stufte Glyphosat im März 2015 als
«wahrscheinlich krebserregend» für den Menschen ein. Die europäisch
e
Lebensmittelbehörde Efsa, die Chemikalienagentur Echa und das
deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung sahen aber keine
ausreichenden Belege dafür. Umweltschützer kritisieren aber auch
negative Folgen für die Artenvielfalt, insbesondere schade Glyphosat
Insekten und Vögeln, da es ihre Lebensgrundlage zerstöre.

Grünen-Chef Robert Habeck verwies darauf, dass zwar kein nationales
Verbot, aber eine Einschränkung der Anwendung etwa von Privatleuten
oder auf Gewerbeflächen und auf Bahnschienen oder in
Naturschutzgebieten möglich sei. «Und man kann Anwendung in der
landwirtschaftlichen Praxis verbieten», sagte er, etwa die Behandlung
von Feldern kurz vor der Ernte oder vor dem Säen.

Dagegen sagte der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion
im Bundestag, Gero Hocker, dass ein Verbot «lediglich andere, weniger
geprüfte und möglicherweise ineffiziente Mittel zum Einsatz kommen
lassen» werde. «Das Pflanzenschutzmittel ist für die Arbeit der
Landwirte von großer Bedeutung und bei fachgerechter Anwendung aus
wissenschaftlicher Sicht unbedenklich», sagte er.