Klöckner und Schulze: Koalition einig beim Glyphosat-Ausstieg

Monatelang haben sich Umwelt- und Agrarministerium um Glyphosat
gezofft. Jetzt wollen die neuen Ministerinnen beim Ausstieg
demonstrativ an einem Strang ziehen. Klappt das ohne ein Verbot? Es
könnte einen Umweg geben.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will beim Ausstieg aus dem
umstrittenen Unkrautgifts Glyphosat an einem Strang ziehen und hält
Zulassungsbeschränkungen für glyphosathaltige Mittel für möglich.
Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) zeigte sich am Montag skeptisch
mit Blick auf ein nationales Verbot des Wirkstoffs, kündigte aber
einen raschen Vorstoß zur Reduzierung des Glyphosat-Einsatzes an. Sie
werde in den nächsten Tagen einen Vorschlag machen, wie die Anwendung
eingeschränkt werden könne, sagte Klöckner am Montag vor Sitzungen
der CDU-Führungsgremien in Berlin.

«Ein Verbot dieses Wirkstoffes würden wir nur auf europäischer Ebene

hinbekommen», sagte auch ein Sprecher des Umweltministeriums in
Berlin. Allerdings müssten die Zulassungen für glyphosathaltige
Pflanzenschutzmittel im Laufe dieses Jahres erneuert werden. «Und das
ist dann auch die Situation, in der mögliche Einschränkungen
stattfinden für diese Mittel», sagte er. Zuständig für die Zulassun
g
sind das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebenmittelsicherheit
(BVL) und das Umweltbundesamt (UBA).

Der Sprecher von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) verwies
darauf, dass mehr als 80 Kommunen und mehrere Unternehmen schon jetzt
den Einsatz von Glyphosat auf ihren Flächen ablehnen. «Der Ausstieg
ist möglich, der Ausstieg ist auch schon längst im Gang», sagte er.


Klöckner betonte, dass sie sich an den Koalitionsvertrag halte: «Ich

bin da vertragskonform», sagte sie. Auch das Umweltministerium
verwies darauf, dass Union und SPD sich auf eine Minderungsstrategie
geeinigt hätten mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich zu
beenden. Im Vertrag heißt es weiter: «Die dazu notwendigen
rechtlichen Maßnahmen werden wir in einem EU-konformen Rahmen
verankern.»

Die Agrarministerin hatte der «Süddeutschen Zeitung» vor dem
Hintergrund rechtlicher Bedenken der EU-Kommission gegen ein
Glyphosat-Verbot in Österreich gesagt: «Verbote haben nicht immer
Bestand.» Sie betonte später, sie habe sich nicht gegen ein Verbot
von Glyphosat ausgesprochen. «Ich habe darauf hingewiesen, dass es
eine europarechtliche Frage ist.» Das von Österreich ausgesprochene
Komplettverbot sei europarechtswidrig.

Kärnten, dessen Parlament im Januar 2018 als erstes österreichisches
Bundesland ein Glyphosatverbot auf öffentlichen Flächen beschloss,
wurde von der EU ausgebremst: Sich nur auf das Vorsorgeprinzip zu
berufen, reiche nicht. Seitdem läuft die Suche, wie ein nationales
Verbot aussehen könne, das nicht gegen Europarecht verstößt.

Der Unkrautvernichter Glyphosat war 2017 in der EU nach monatelangem
Streit für weitere fünf Jahre zugelassen worden. Der ehemalige
Agrarminister Christian Schmidt (CSU) veranlasste gegen den Willen
von Ex-Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), dass Deutschland in
Brüssel zustimmte, was für erhebliche Verstimmungen in der großen
Koalition sorgte und ihm einen Rüffel von Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) einbrachte.

Die Internationale Krebsforschungsagentur der
Weltgesundheitsorganisation stufte Glyphosat im März 2015 als
«wahrscheinlich krebserregend» für den Menschen ein. Die europäisch
e
Lebensmittelbehörde Efsa, die Chemikalienagentur Echa und das
deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung sahen aber keine
ausreichenden Belege dafür. Umweltschützer kritisieren aber auch
negative Folgen für die Artenvielfalt, insbesondere schade Glyphosat
Insekten und Vögeln, da es ihre Lebensgrundlage zerstöre.

Grünen-Chef Robert Habeck verwies darauf, dass zwar kein nationales
Verbot, aber eine Einschränkung der Anwendung etwa von Privatleuten
oder auf Gewerbeflächen und auf Bahnschienen oder in
Naturschutzgebieten möglich sei. «Und man kann Anwendung in der
landwirtschaftlichen Praxis verbieten», sagte er, etwa die Behandlung
von Feldern kurz vor der Ernte oder vor dem Säen.

Dagegen sagte der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion
im Bundestag, Gero Hocker, dass ein Verbot «lediglich andere, weniger
geprüfte und möglicherweise ineffiziente Mittel zum Einsatz kommen
lassen» werde. «Das Pflanzenschutzmittel ist für die Arbeit der
Landwirte von großer Bedeutung und bei fachgerechter Anwendung aus
wissenschaftlicher Sicht unbedenklich», sagte er.