Viele Seen in Deutschland in schlechtem Zustand

Quecksilber, Pflanzenschutzmittel, Nährstoffüberschüsse: Die
ökologische Qualität der Gewässer in Deutschland ist bedenklich. Als

Badegewässer sind sie allerdings kaum beeinträchtigt.

Berlin (dpa) - Nur jeder vierte See in Deutschland ist ökologisch in
einem guten Zustand - in den meisten ist die Wasserqualität
bedenklich. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine
Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Steffi Lemke hervor, über
die die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag) berichten. Demnach
erreichen 24 Prozent der Gewässer Messwerte, die nach EU-Kriterien
als gut gelten. Fast drei Viertel der Seen sind nach Ansicht der
Experten in einem mittelmäßigen bis schlechten Zustand. Lediglich 2,3
Prozent könnten als sehr gut bewertet werden.

Den Seen in Deutschland gehe es schlecht, erklärte Lemke. «Fische und
Pflanzen, die hier typischerweise vorkommen, finden in diesen Seen
keinen Lebensraum mehr.» Diese Gewässer würden unter der Vergüllung

durch die Landwirtschaft leiden. «Der hohe Nährstoffgehalt lässt
Algen übermäßig wachsen und die Seen somit veröden und verlanden.
»

Trotz des ökologisch bedenklichen Zustands der Seen ist die
Badegewässer-Qualität in Deutschland hoch. Nach dem jüngsten Bericht

der Europäischen Umweltagentur (European Environment Agency/EEA), der
im Mai 2017 vorgestellt wurde, erfüllen 97,8 Prozent der knapp 2300
untersuchten deutschen Badestellen die EU-Mindeststandards. An fast
91 Prozent bescheinigt der jährlich erscheinende Bericht den
Badegewässern sogar eine ausgezeichnete Qualität (excellent quality).
Für diesen Bericht wird die Belastung der Gewässer mit Bakterien
untersucht, die beim Menschen Krankheiten verursachen können.

Für die Beurteilung der ökologischen Qualität werden hingegen andere

Messwerten erfasst, etwa die Belastung mit Chemikalien wie
Quecksilber oder Pflanzenschutzmittel oder die Belastung mit
Nährstoffen wie Phosphaten und Nitraten, die vor allem aus der
Landwirtschaft eingetragen werden.

Schuld am schlechten Zustand der Gewässer ist nach Ansicht der
Umweltschutzorganisation WWF «eine Verschleppungstaktik» der Politik.
«Es wurde zu lange weggesehen, wenn Industrie und Landwirtschaft auf
Kosten unseres Wassers gewirtschaftet haben», heißt es in einer
Stellungnahme am Freitag. «Es ist geradezu widersinnig, dass
ausgerechnet jetzt die europäische Wasserrahmenrichtline, die Flüsse,
Seen und unser Grundwasser schützen soll, auf den Prüfstein der
EU-Kommission gelegt wird. Es droht eine Aufweichung und eine weitere
Verschlechterung für unser Wasser und die Ökosysteme, die davon
abhängig sind.»

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet alle Mitgliedsstaaten,
ihre Gewässer bis spätestens 2027 in einen guten Zustand zu bringen.