Coole Chemie: Papier aus Elefantenkot und kleckerfreies Eis Von Andrea Barthélémy, dpa

Einen bunten Markt der Möglichkeiten präsentiert die Chemie-Branche
bei ihrem Treffen in New Orleans. Ob diese Erfindungen und
Entwicklungen einmal im Alltag eine Rolle spielen werden?

New Orleans (dpa) - Wer bei Chemie vor allem an zähe
Unterrichtsstunden vor dem Bunsenbrenner denkt, der kann sich vom
weltgrößten Treffen der Branche in New Orleans neu inspirieren
lassen. Noch bis zum 22. März hält die Amerikanische Chemische
Gesellschaft (ACS) dort ihr 255. Nationales Treffen ab - mit mehr als
13 000 Präsentationen. Ein Überblick über einige Highlights:

PAPIER AUS ELEFANTENKOT: Der Dung von Elefanten oder Kühen enthält
wertvolle Zellulose, die relativ einfach zu Papier verarbeitet werden
kann. Gras-fressende Ziegen auf Kreta brachten den Chemiker Alexander
Bismarck (Uni Wien) auf die Idee, dass die Enzyme und Säuren in
Tiermägen wertvolle Vorarbeit leisten können, um an winzige
Zellulose-Fasern zu gelangen. Speziell in baumarmen Gegenden könnte
Tierdung helfen, Papier - etwa für Wasserfilter - zu produzieren.
Zumal dabei weniger Energie und Chemie verbraucht wird, als wenn
diese Nanofasern aus Holz gewonnen werden, betont Bismarck.

MINI-GESUNDHEITSSCANNER: Kleiner als ein Reiskorn und aus dem
gleichen Material wie eine weiche Kontaktlinse ist ein Minisensor,
der - unter die Haut implantiert - über Jahre Vitaldaten liefern
soll. Abgelesen werden diese mit einem kleinen Infrarotscanner auf
der Haut, der die Daten dann ans Smartphone übermittelt, berichtet
Entwicklerin Natalie Wisniewski (Profusa Inc). Bislang waren solche
Implantate bei Tests oft abgestoßen worden - das Hydrogel hingegen
nicht. Ein bestimmtes Hefemolekül auf seiner Oberfläche leuchtet
unterschiedlich stark, wenn es mit Sauerstoff, Glukose oder Laktat in
Berührung kommt.

HÄNDE DRUCKEN IN 4D: 4D-Druck ist das neue große Ding. Damit könn
en
Gegenstände geschaffen werden, die durch Licht, Feuchtigkeit oder
Temperatur ihre Gestalt verändern. Diesen Prozess haben Forscher des
Georgia Institute for Technology jetzt noch verbessert: Ihr
4D-Drucker kann gleichzeitig verschiedene Materialien verarbeiten,
die dann unterschiedlich auf Licht oder Temperatur reagieren.
Darunter auch bestimmte Polymere, die sich bei Hitze an ihre
Ursprungsform «erinnern». Jerry Xi möchte damit nun Handprothesen f
ür
Kinder entwickeln, die mit deformierten Armen geboren wurden.

GESUND GERÄUCHERT: Viele lieben Räucherwurst und Co. Doch selbst
geringe chemische Rauch-Überbleibsel im Essen sind ungesund und
schlimmstenfalls krebserregend. Ausgerechnet von der Autoindustrie
schaute sich Jane Parker (University of Reading) nun einen Trick ab:
Sie räucherte Testprodukte über einem speziellen Filter aus Zeolith,
einem porösen Mineral. Das Ergebnis überraschte doppelt: Bis zu 93
Prozent der gefährlichen Stoffe wurden so herausgefiltert. Und die
Testesser lobten das Aroma - «wie Weihnachtsschinken». Das filterlos
geräucherte Produkt erinnerte sie hingegen an «Aschenbecher».

SCHNELLTEST FÜR DESIGNERDROGEN: Ein neuer Schnelltest soll künftig

selbst kleinste Spuren synthetischer Drogen erkennen - und so dabei
helfen, Menschen nach einer Überdosis das Leben zu retten. Herzstück
ist eine kleine Kartusche, auf die Blutplasma geträufelt wird. Die
Drogenspuren werden chemisch extrahiert, konzentriert und ionisiert,
so dass ein Massenspektrometer ihre individuell typische Struktur
erkennen kann. Der ganze Prozess dauert nur Minuten. Bislang seien
dafür langwierige Blutproben nötig gewesen, berichtet Nicholas
Manicke (Indiana University).

KLECKERFREIES EIS: Wer es leid ist, heruntertropfendes Eis von der
Waffel zu lecken, darf auf Bananenstauden hoffen. Deren Fasern können
verhindern, dass Eiskrem zu schnell schmilzt, fand Douglas Goff
(University of Guelph) heraus. Die stabilisierenden Zellulose-Fasern,
gewonnen aus zerriebenen Bananenblatt-Stielen, sind tausendmal dünner
als ein Haar. Außerdem würden sie die Cremigkeit von fettarmem Eis
verbessern, sagt Goff. Sein Fund dürfte jedoch eher die
Eiskrem-Industrie als traditionelle Gelato-Freunde beflügeln.