DGB-Chef fürchtet «Chaos» im Fall eines GroKo-Scheiterns

Berlin (dpa) - Im Fall eines Neins der SPD zu einer neuen großen
Koalition erwartet DGB-Chef Reiner Hoffmann «Chaos». Das sagte der
Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds am Freitag in Berlin. «Ich gehe
davon aus, dass es eine klare Zustimmung geben wird», machte er mit
Blick auf den SPD-Parteitag am Sonntag aber deutlich. Auch bei einem
Nein der Delegierten zu Koalitionsverhandlungen favorisiere er keine
Minderheitsregierung. Falls es zu Neuwahlen komme, trete der DGB «für
progressive Mehrheiten» und für eine arbeitnehmerfreundliche Politik
ein.

Bei den Sondierungsergebnissen überwiegt aus DGB-Sicht das Positive.
Als «starke Punkte» wertete Hoffmann die geplante Rückkehr zur
gleichen Finanzierung der Krankenkassenbeiträge durch Arbeitgeber und
Arbeitnehmer und die geplante Stabilisierung des Rentenniveaus per
Gesetz. Bei den Krankenkassen würden die Arbeitnehmer um bis zu 400
Euro pro Jahr entlastet. «Ein regelrechter Kracher ist die
Mindestausbildungsvergütung», sagte Hoffmann zudem. Die
Gewerkschaften fordern seit Jahren eine existenzsichernde Vergütung
von Azubis. Gut sei, dass sich der CDU-Wirtschaftsflügel nicht mit
der Forderung nach einer Aufweichung des Mindestlohns durchgesetzt
habe. Wichtig sei auch die geplante Aufwertung der Pflegeberufe.

Erleichtert zeigte sich Hoffmann über den seiner Meinung nach im
Sondierungsergebnis angelegten europapolitischen Neuaufbruch. Das
Zeitfenster für EU-Reformen und -Initiativen sei klein - ein
Kurswechsel hin zu mehr Wachstum und Beschäftigung dringend. Hoffmann
kritisierte, dass Union und SPD nichts gegen sachgrundlose
Befristungen tun wollten und staatliche Investitionen nicht
ambitioniert genug ausfallen sollten. Dennoch gelte, «dass das, was
erreicht wurde, nicht einfach liegengelassen werden kann».