Arzt muss wegen sexuellen Missbrauchs von Patientinnen ins Gefängnis

Sein Verteidiger bezeichnet ihn als Arzt aus Leidenschaft. Die
kommenden Monate muss der Mediziner aus Bayern allerdings hinter
Gittern verbringen: Er hat drei seiner Patientinnen missbraucht.
Nach Verbüßen der Strafe will er als Arzt weiterarbeiten.

Ansbach (dpa) - Wegen sexuellen Missbrauchs von drei psychisch
labilen Patientinnen ist ein Arzt in Bayern zu drei Jahren Haft
verurteilt worden. Er darf außerdem fünf Jahre lang keine Frauen
psychotherapeutisch behandeln. «Er hat das Vertrauen als Arzt grob
missbraucht», sagte der Vorsitzende Richter des Landgerichts Ansbach
am Mittwoch bei der Urteilsbegründung. Staatsanwaltschaft und
Nebenklage hatten in ihren nicht-öffentlichen Plädoyers viereinhalb
Jahre Haft und ein fünfjähriges Berufsverbot gefordert.

Der Mediziner mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung hatte seine
Zulassung als Arzt wegen der Vorwürfe bereits freiwillig abgegeben.
Sein Verteidiger sagte, er wolle sie aber wieder beantragen. Das dazu
notwendige Verfahren dauert in der Regel ein bis zwei Jahre. Der
Anwalt kündigte nach dem Urteil außerdem an, in einem halben Jahr
erleichterte Haftbedingungen für seinen Mandanten beantragen zu
wollen. Dies ist frühestens nach der Hälfte der verhängten
Freiheitsstrafe möglich. Der Arzt sitzt seit rund einem Jahr in
Untersuchungshaft.

Die Frauen waren teilweise wegen schwerer psychischer Probleme bei
dem Mediziner in Behandlung. Der 63-Jährige hatte beim Prozessauftakt
Mitte Dezember eingeräumt, Sex mit ihnen gehabt zu haben - dies sei
aber in beiderseitigem Einverständnis geschehen. Wie oft, wisse er
aber nicht mehr. Zum Geschlechtsverkehr mit seinen Patientinnen soll
es überwiegend in den Abendstunden in der Praxis im mittelfränkischen
Feuchtwangen gekommen sein.

Die Anklage ging von 122 Fällen zwischen den Jahren 2012 und 2015
aus. Die Richter legten den Schwerpunkt aber auf bestimmte Fälle.
Verurteilt wurde der Mann am Mittwoch wegen sexuellen Missbrauchs in
74 Fällen.

Der 63-Jährige sei Arzt aus Leidenschaft, hatte der Verteidiger in
seinem Plädoyer betont. «Wir wollen ihm nicht absprechen, dass sein
Herz groß war. Er hätte sich aber andere Wege dafür suchen müssen
»,
sagte der Richter. Körperliche Nähe berge Gefahren der
Grenzüberschreitungen - und dazu sei es gekommen.

Die Anwältin der Patientinnen, die als Nebenklägerinnen auftraten,
sagte, ihre Mandantinnen litten noch immer sehr unter den Vorfällen.
Sie seien aus der Therapie direkt in die nächste Therapie gekommen.

Der Angeklagte entschuldigte sich in seinem Schlusswort bei den
Opfern und bei seiner eigenen Familie. Während der Urteilsbegründung
nickte er immer wieder zustimmend mit dem Kopf. Für den Fall, dass er
seine Zulassung wieder erhält, möchte er als Notarzt arbeiten.