Verwechslung von Medikamenten in Heimen selten

Krankenhauspatienten und Bewohner von Senioren- und Pflegeheimen
sowie Behinderteneinrichtungen können dem Pflegepersonal in der Regel
vertrauen. Aber manchmal gibt es doch Pannen, etwa dass Medikamente
versehentlich vertauscht werden. In solchen Fällen hilft ein Anruf
beim Giftinformationszentrum.

Dresden (dpa/sn) - Schnelle Hilfe per Telefon: Versehentlich
vertauschte Medikamente in Pflege- und Altenheimen oder
Behinderteneinrichtungen sind zwar selten. Dennoch kommt so etwas
immer wieder vor. Wie das Gemeinsame Giftinformationszentrum (GGIZ)
in Erfurt mitteilte, haben im vergangenen Jahr 67 Mal Einrichtungen
aus Sachsen in solchen Fällen telefonisch um Hilfe gebeten. Das waren
zwölf Fälle mehr als 2016. In 9 bis 15 Prozent der Fälle sei eine
sofortige Einweisung der Patienten in eine Klinik empfohlen worden.
In weiteren 34 bis 38 Prozent sollte zunächst abgewartet werden, ob
bei den Betroffenen behandlungsbedürftige Symptome auftreten.

Es sei bekannt, das die Pflegemitarbeiter in einigen Heimen
angewiesen wurden, bei Verwechslungen das Giftinformationszentrum zu
konsultieren, sagt GGIZ-Chefin Dagmar Prasa. Das habe möglicherweise

zu mehr Anrufen geführt. Sie vermute jedoch, dass die tatsächliche
Zahl der Verwechslungsfälle möglicherweise noch höher sei.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Sachsen hat bei
Überprüfungen 2016 und 2017 etwa 90 Prozent der stationären
Pflegeeinrichtungen in Sachsen ein sachgerechtes
Medikamentenmanagement bescheinigt. «Der Prozentsatz variiert von
Jahr zu Jahr ein wenig», sagt MDK-Sprecherin Diana Arnold auf Anfrage
der Nachrichteagentur dpa. In etwa jeder zehnten überprüften
Einrichtung habe es Mängel gegeben. Blutdrucksenkende Medikamente
könnten bei falscher Verabreichung zu Schwindel und Stürzen führen,

zu hoch dosierte Gaben von Insulin zu einem zu niedrigen
Blutzuckerspiegel und mitunter sogar zu einem Zuckerschock mit
Bewusstlosigkeit. Wurde ein Medikament vertauscht, müsse sofort ein
Arzt informieren werden.

Durch die Einnahme mehrerer Medikamente kann es zudem zu
unerwünschten Wechselwirkungen kommen. Darauf wies die Techniker
Krankenkasse (TK) hin. «Ältere Menschen reagieren auf manche
Arzneimittel anders als jüngere», sagt TK-Chefin Simone Hartmann.
Ihren Angaben zufolge nehmen mehr als 40 Prozent der TK-Versicherten
ab 60 Jahren regelmäßig fünf oder mehr verordnete Medikamente. Doch
auch Jüngere schluckten schon oft mehrere Pillen gleichzeitig. Über
alle Altersgruppen gerechnet würden fast jedem Fünften (17,8 Prozent)
mindestens fünf Medikamenten gleichzeitig verordnet. Der
Bundesdurchschnitt liegt bei 15,2 Prozent. Patienten und Ärzten fehle
oft der Überblick über die eingenommene Arzneien, sagte Hartmann.

«Wir beobachten seit längerem, dass immer häufiger Patienten eine
immer größer werdende Zahl an Medikamenten einnehmen», bestätigt de
r
Vorsitzende des Sächsischen Pflegerates, Michael Junge. Vor allem
Menschen, die in Einrichtungen des Gesundheitswesens versorgt würden
oder dort lebten, vertrauten auf die Kompetenz des professionellen
Pflegepersonals. Diese verfügten über ein hohes Wissen im Umgang mit

Medikamenten und deren Neben- und Wechselwirkungen, benötigten aber
genügend Zeit für die Verabreichung. Oft müssten Patienten und
Bewohner bei der Einnahme unterstützt werden. «Wegen der hinlänglich

bekannten geringen pflegerischen personellen Ausstattung in
Krankenhäusern und Pflegeheimen ist dies immer häufiger nicht im
benötigten Umfang möglich», sagt Junge.

Am Universitätsklinikum in Dresden verpacken im sogenannten
Unit-Dose-Verfahren Kommissionierautomaten Tabletten und Kapseln
maschinell für jeden Patienten in kleine Tütchen. Dabei werden der
Name des Patienten, die Station, die Bezeichnung des Medikaments, der
Einnahmetag und die -uhrzeit sowie möglicherweise weitere Hinweise
auf jedes Tütchen gedruckt. Zuvor hat ein Stationsapotheker die
Medikation des Patienten auf Dosierungsfehler sowie unerwünschte
Wechselwirkungen geprüft. Das entlaste das Pflegepersonal, Fehler
würden weitgehend ausgeschlossen, sagt der Pressesprecher des
Uniklinikums, Holger Ostermeyer.