Union und SPD gehen mit gewachsenem Vertrauen in Sondierungen Von Ruppert Mayr und Basil Wegener, dpa

Nach der Aufregung der vergangenen Tage wegen der CSU-Forderungen
nach einer schärferen Flüchtlingspolitik klang die Mitteilung nach
einem Spitzentreffen von Union und SPD etwas freundlicher.

Berlin (dpa) - CDU, CSU und SPD gehen nach einem Spitzentreffen mit
gewachsenem Vertrauen in die am Sonntag beginnenden Sondierungen über
eine Regierungsbildung. «Wir starten optimistisch in die
Verhandlungen», hieß es in einer im Anschluss an das Treffen am
Mittwoch in Berlin verbreiteten Erklärung.

Danach haben die Partei- und Fraktionschefs «die inhaltlichen und
organisatorischen Voraussetzungen dafür festgelegt, dass ab 7.1.2018
straffe und zielführende Sondierungsgespräche geführt werden können
».
Zum Ende der Sondierungen solle es eine gemeinsame Abschlusserklärung
geben.

SPD-Chef Martin Schulz sagte nach dem Treffen, man habe «sehr
konzentriert und zielgerichtet» gearbeitet und eine gute
Arbeitsgrundlage geschaffen, «auf der wir am Sonntag die Sondierungen
beginnen können». Vor dem Treffen sagte er, man werde sich zunächst
auf technische Fragen verständigen, noch nicht auf Inhalte.

Allerdings nahmen sowohl an den Vorbesprechungen als auch am
Spitzengespräch selbst zahlreiche geschäftsführende Bundes- sowie
Landesminister teil - unter anderem Agrarminister Christian Schmidt
(CSU) und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD).

Dabei ging es offenbar um die Umsetzung des Glyphosatbeschlusses auf
EU-Ebene in nationales Recht. Dieses Thema soll wohl möglichst früh
aus dem Weg geräumt werden. Denn deutsche Behörden müssen demnächst

Anträge der Hersteller auf Zulassung von Unkrautvernichtern mit dem
umstrittenen Wirkstoff Glyphosat bearbeiten können. Deutschland hatte
der Zulassung des in der Landwirtschaft und in Privathaushalten weit
verbreiteten Herbizids auf Veranlassung von Schmidt in Brüssel
zugestimmt, obwohl Hendricks dagegen war.

An der Spitzenrunde am Nachmittag nahmen neben Schulz die
CDU-Vorsitzende, Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und
die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Volker Kauder und Andrea
Nahles, sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt teil.

Die drei Parteivorsitzenden berieten sich vorübergehend auch alleine
mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sowie Bayerns
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und dessen niedersächsischem
Amtskollegen Boris Pistorius (SPD), wie zu erfahren war. Hier dürfte
die Flüchtlings- und Asylpolitik im Mittelpunkt gestanden haben.

An dem Vorbereitungstreffen der Unionsseite waren dem Vernehmen nach
vorübergehend Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Bayerns
Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) beteiligt. Dabei dürfte es
auch um die von der SPD geforderte einheitliche Bürgerversicherung
für das Gesundheitswesen gegangen sein.

Zeitweise war auch der geschäftsführende Finanzminister Peter
Altmaier (CDU) in die Beratungen eingebunden. Dementsprechend dürften
hier schon unter anderem die Finanzspielräume für die laufende
Legislaturperiode angesprochen worden sein.

Zu Beginn des Spitzentreffens äußerte sich Schulz zurückhaltend zu
Forderungen aus der CSU nach Verschärfungen in der Flüchtlings- und
Asylpolitik. Auf die Frage, ob die Christsozialen mit ihrem
Forderungskatalog die Hürden für die Sondierungsverhandlungen höher
gelegt hätten, sagte Schulz, für die CSU-Landesgruppe stehe jetzt
zunächst die Winterklausur im bayerischen Kloster Seeon an. «Danach
sehen wir weiter.»

Seehofer bekräftigte den Unions-Wunsch nach einer stabilen Regierung
mit der SPD. «Wir werden alles tun in diesen Gesprächen, dass es zu
vernünftigen Vereinbarungen kommt», sagte er. Dass sich die
CSU-Landesgruppe vor solchen Gesprächen klar positioniere, sei nicht
unüblich.

Die CSU-Abgeordneten im Bundestag wollen auf ihrer traditionellen
Winterklausur in Seeon, die an diesem Donnerstag beginnt, eine harte
Asylpolitik fordern und Leistungskürzungen für Asylbewerber
beschließen. Zudem sollen Antragsteller nach Vorstellung der
Christsozialen Asyl und Schutzstatus künftig erst dann erhalten, wenn
ihre Identität in Entscheidungs- und Rückführungszentren zweifelsfrei

geklärt wurde. Die Altersangaben minderjähriger Flüchtlinge sollen
demnach obligatorisch überprüft werden.

Diese Positionen, die sicherlich auch im Zusammenhang mit der
bayerischen Landtagswahl im Herbst zu sehen sind, scheinen kaum mit
denen der SPD vereinbar. Eine Sprecherin des Sozialministeriums
verwies darauf, dass es in der vergangenen Legislaturperiode bereits
Veränderungen gegeben habe. «Es bleibt abzuwarten, wie die
Sondierungen ablaufen.»

Die Sondierer dürften sich von solchen Begleitumständen nicht
durcheinanderbringen lassen, sagte Seehofer. Er und Dobrindt wiesen
darauf hin, dass die Zeit für eine Regierungsbildung dränge. Ziel sei
es, an Ostern eine stabile Regierung zu haben. Je nach Ergebnis der
Sondierungen, die schon am 11. oder 12. Januar zu Ende sein sollen,
sei möglicherweise auch noch ein CSU-Parteitag nötig, sagte Seehofer.

Die SPD will am 21. Januar auf einem Parteitag über das weitere
Vorgehen entscheiden. Sollte es danach förmliche
Koalitionsverhandlungen geben, bräuchte der ausgehandelte
Vertragstext die Billigung durch einen SPD-Mitgliederentscheid. Die
SPD will sich aber bis Ende der Sondierungen offenhalten, ob sie
tatsächlich in eine erneute große Koalition gehen will oder andere
Möglichkeiten einer Zusammenarbeit anstrebt.