Schulz vor Sondierungen: Nach CSU-Klausur «sehen wir weiter» Von Ruppert Mayr und Basil Wegener, dpa

Die Union will eine stabile Regierung mit der SPD. Doch die CSU macht
derzeit alles andere, als auf die SPD zuzugehen. Nach der Klausur der
CSU-Landesgruppe könnten sich die Nebelschwaden lichten.

Berlin (dpa) - Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat zurückhaltend
auf die Forderungen aus der CSU nach Verschärfungen in der
Flüchtlings- und Asylpolitik reagiert. Auf die Frage, ob die
Christsozialen mit ihrem Forderungskatalog die Hürden für die
Sondierungsverhandlungen höher gelegt hätten, sagte Schulz, für die
CSU-Landesgruppe stehe jetzt zunächst die Winterklausur im
bayerischen Kloster Seeon an. «Danach sehen wir weiter.»

Vor dem Spitzentreffen von CDU, CSU und SPD am Mittwoch zur
Vorbereitung der an diesem Sonntag beginnenden Sondierungen
bekräftigte CSU-Chef Horst Seehofer den Unions-Wunsch nach einer
stabilen Regierung. «Wir werden alles tun in diesen Gesprächen, dass
es zu vernünftigen Vereinbarungen kommt», sagte er.

Die Parteispitzen wollten sich bei der Runde zunächst auf technische
Fragen verständigen, noch nicht auf Inhalte, sagte Schulz. Beschlüsse
seien nicht zu erwarten. Allerdings nahmen sowohl an den
Vorbesprechungen als auch am Spitzengespräch selbst zahlreiche
geschäftsführende Minister teil - unter anderem Agrarminister
Christian Schmidt (CSU) und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD).

Dabei geht es offenbar um die Umsetzung des Glyphosatbeschlusses auf
EU-Ebene in nationales Recht. Dieses Thema soll wohl möglichst früh
aus dem Weg geräumt werden. Denn deutsche Behörden müssen demnächst

Anträge der Hersteller auf Zulassung von Unkrautvernichtern mit dem
umstrittenen Wirkstoff Glyphosat bearbeiten können.

Deutschland hatte der Zulassung des in der Landwirtschaft und in
Privathaushalten weit verbreiteten Herbizids auf Veranlassung von
Schmidt in Brüssel zugestimmt, obwohl Hendricks dagegen war. Schmidt
sagte nun am Vormittag, diese Mittel sollten nur dort eingesetzt
werden, wo sie unbedingt gebraucht würden.

An der Spitzenrunde mit der SPD am Nachmittag nahmen neben Seehofer
und Schulz CDU-Chefin Angela Merkel, die Fraktionsvorsitzenden von
Union und SPD, Volker Kauder und Andrea Nahles, sowie
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt teil.

An dem Vorbereitungstreffen der Unionsseite hatten dem Vernehmen nach
zeitweise Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Bayerns
Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) teilgenommen. Dabei dürfte
es auch um die von der SPD geforderte einheitliche Bürgerversicherung
für das Gesundheitswesen gegangen sein. Zeitweise war der
geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier (CDU) in die
Beratungen eingebunden. Dementsprechend dürften hier unter anderem
die Finanzspielräume für die laufende Legislaturperiode besprochen
worden sein.

Die drei Parteivorsitzenden berieten sich vorübergehend auch alleine
mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sowie Bayerns
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und dessen niedersächsischem
Amtskollegen Boris Pistorius (SPD), wie zu erfahren war. Hier dürfte
die Flüchtlings- und Asylpolitik im Mittelpunkt gestanden haben.

Zu den erheblichen Differenzen in der Flüchtlingspolitik oder bei der
Bürgerversicherung sagte Seehofer, es sei normal, dass man die
verschiedenen Positionen in den Gesprächen nebeneinander lege und
dann abgleiche, wo Kompromisse möglich seien. Und dass sich die
CSU-Landesgruppe vor solchen Gesprächen klar positioniere, sei auch
nicht unüblich.

Die CSU-Abgeordneten im Bundestag wollen auf ihrer traditionellen
Winterklausur in Seeon, die an diesem Donnerstag beginnt, eine harte
Asylpolitik durchsetzen und Leistungskürzungen für Asylbewerber
beschließen. Zudem sollen Antragsteller nach Vorstellung der
Christsozialen Asyl und Schutzstatus künftig erst dann erhalten, wenn
ihre Identität in Entscheidungs- und Rückführungszentren zweifelsfrei

geklärt wurde.

Die Altersangaben minderjähriger Flüchtlinge sollen demnach
obligatorisch überprüft werden. Zur Abwehr von Terrorgefahren soll
der Verfassungsschutz Minderjährige auch überwachen dürfen. Diese
Positionen, die sicherlich auch im Zusammenhang mit der bayerischen
Landtagswahl im Herbst zu sehen sind, scheinen kaum mit denen des
Sondierungspartners SPD vereinbar.

Eine Sprecherin des Sozialministeriums verwies darauf, dass es in der
vergangenen Legislaturperiode bereits Veränderungen gegeben habe. «Es
bleibt abzuwarten, wie die Sondierungen ablaufen.»

Die Sondierer dürften sich von solchen Begleitumständen nicht
durcheinanderbringen lassen, sagte Seehofer. Er und Dobrindt wiesen
darauf hin, dass die Zeit für eine Regierungsbildung dränge. Ziel sei
es, an Ostern eine stabile Regierung zu haben. Je nach Ergebnis der
Sondierungen, die schon am 11. oder 12. Januar zu Ende sein sollen,
sei möglicherweise auch noch ein CSU-Parteitag nötig, sagte Seehofer.

Die SPD will am 21. Januar auf einem Parteitag über das weitere
Vorgehen entscheiden. Sollte es danach förmliche
Koalitionsverhandlungen geben, bräuchte der ausgehandelte
Vertragstext noch die Billigung durch einen SPD-Mitgliederentscheid.
Die SPD will sich aber bis Ende der Sondierungen offenlassen, ob sie
tatsächlich in eine erneute große Koalition gehen will oder andere
Möglichkeiten einer Zusammenarbeit anstrebt.