Smog verhüllt Städte in Indien und Pakistan Von Bastian Benrath und den dpa-Korrespondenten

Jeden Winter sucht die Großstädte Indiens und Pakistans der Smog
heim. In diesem Jahr ist es noch schlimmer als sonst. Die Regierung
Neu Delhis versucht bislang vergeblich, mit Notmaßnahmen dagegen
anzukommen.

Lahore/Neu Delhi (dpa) - Die Kinder schaukeln, obwohl sie kaum sehen
können, was vor ihnen ist. Der Spielplatz ist in so dichten Smog
gehüllt, dass es aussieht, als würden sie durch die Dämmerung
schwingen. In Wahrheit ist es helllichter Tag in der pakistanischen
Millionenstadt Lahore. Nur sieht man die Sonne nicht.

In Pakistans Provinzen Punjab und Multan sind am Sonntag wegen des
Smogs ein Mensch gestorben und sechs verletzt worden. Grund waren
mehrere Autounfälle - die Sichtweite auf den Straßen war in dem
dichten Nebel auf teils nur wenige Meter gesunken, wie das
Nachrichtenportal «Geo News» berichtete. Die Krankenhäuser sind voll

mit Patienten, die an Atemwegserkrankungen und Augeninfektionen
leiden.

Nicht anders sieht es in der Hauptstadt des benachbarten Indiens aus.
Die Luftqualität in Neu Delhi verschlechterte sich am Sonntag weiter,
die meisten Messstationen der 17-Millionen-Metropole meldeten
gesundheitsgefährdende Feinstaub-Werte. Die ohnehin sehr hohe
Luftverschmutzung hatte sich in der vergangenen Woche deutlich
verschlimmert. Viele Menschen trugen Atemmasken.

Die durchschnittliche Konzentration des PM10-Feinstaubs lag nach
offiziellen Angaben mehr als 45 Mal über dem Höchstwert, der laut
Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahresdurchschnitt für die
Gesundheit noch unbedenklich ist. Die Konzentration des noch
gefährlicheren Feinstaubs PM2.5 ist nach den Zahlen des
Regierungschefs im Durchschnitt diesen Monat sogar 75 Mal so hoch wie
der Jahresdurchschnitt-Höchstwert der WHO.

Aktivisten haben in der vergangenen Woche am Triumphbogen India Gate
in Delhi einen PM2.5-Wert von 1501 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft
gemessen. Zum Vergleich: In Stuttgart wurde am Tag der höchsten
Feinstaub-Belastung in diesem Jahr ein Wert von 202 Mikrogramm des
weniger gefährlichen Feinstaubs PM10 gemessen.

Delhi erlebt jeden Winter starken Smog, weil sinkende Temperaturen
und das Fehlen von Wind Feinstaub-Partikel nahe dem Boden festhalten.
Eine hohe Luftfeuchtigkeit von rund 98 Prozent verschärft die
Situation, wie ein Experte der indischen Wetterbehörde sagte. Erst am
Dienstag und Mittwoch soll demnach leichter Regen den Smog lindern.

Ein Grund für die Verschlechterung der Luftqualität ist das
eigentlich verbotene Verbrennen von Ernterückständen durch Bauern in
der Region. Hinzu kommen starke Emissionen von Verkehr und Industrie
sowie Staub von Baustellen. In Delhis armen Vierteln verbrennen die
Menschen zudem häufig Müll auf den Straßen, um Kochen zu können.

Die US-Fluggesellschaft United Airlines stoppte am Samstag wegen der
Luftverschmutzung vorübergehend ihre Flüge nach Neu Delhi. Die
Maßnahme gelte zunächst bis Montag, hieß es auf der Webseite des
Unternehmens. Betroffene Fluggäste könnten kostenlos umbuchen. Auch
auf dem Flughafen von Lahore in Pakistan fielen 60 Flüge aus.

Um die dramatische Smogbelastung zu verringern, hatten die Behörden
in der indischen Hauptstadt kürzlich Notmaßnahmen beschlossen.
Demnach werden auf unbestimmte Zeit alle Bauarbeiten gestoppt und nur
Lastwagen mit unentbehrlichen Gütern dürfen in der Stadt fahren. Die
Benutzung von Diesel-Generatoren wurde verboten.

Ein Plan, in der kommenden Woche wie bereits im vergangenen Jahr
jedes zweite Auto aus dem Verkehr zu ziehen, indem an abwechselnden
Tagen nur Autos mit geraden beziehungsweise ungeraden Nummern auf den
Kennzeichen fahren dürfen, wurde indes abgeblasen. Ein Umweltgericht
hatte von der Stadtregierung geplante Ausnahmen für zweirädrige
Fahrzeuge und Frauen nicht gelten lassen.

Die Regierung schloss zudem Schulen und rief Senioren, Kinder und
Menschen mit Herz- und Lungenkrankheiten dazu auf, im Haus zu bleiben
und körperliche Aktivitäten zu vermeiden. Wie der stellvertretende
Regierungschef der Hauptstadtregion um Neu Delhi erklärte, wird zudem
erwogen, Feuerwehrautos dazu zu verwenden, Wasser zu versprühen, um
so die Feinstaubpartikel aus der Luft zu bekommen.