Merkel und Schulz sehen noch mögliche Bewegung bis zur Wahl

Was passiert noch bis zur Entscheidung am 24. September? Sowohl die
in den Umfragen deutlich führende Kanzlerin als auch der mühsam
kämpfende Rivale wappnen sich für angespannte letzte Wahlkampftage.

Berlin (dpa) - Im Endspurt bis zur Bundestagswahl halten Kanzlerin
Angela Merkel (CDU) und ihr Herausforderer Martin Schulz (SPD) noch
Bewegung für möglich - ungeachtet des Umfrage-Vorsprungs der Union.
Merkel betonte im RTL-Sommerinterview (Dienstag): «Ich sage jedem und
jeder, dass diese Wahl nicht entschieden ist.» Koalitionspräferenzen
ließ sie weiterhin nicht erkennen. «Die CDU hat keine einzige Stimme
zu verschenken, und ich spreche mal für die CSU gleich mit.» Schulz
kündigte noch harte Auseinandersetzungen mit der Union bis zur Wahl
an: «Ihr könnt Euch warm anziehen!», sagte der SPD-Chef in Mannheim.


Merkel kritisierte die SPD erneut für das Offenhalten einer Koalition
mit der Linkspartei. «Bei den Sozialdemokraten kann man leider
fragen, wen man will und wann man will. Sie schließen niemals
Rot-Rot-Grün aus.» Sie halte dies für falsch. «Wir können uns jet
zt
in unruhigen Zeiten keine Experimente erlauben.» In Umfragen kämen
SPD, Linke und Grüne derzeit allerdings auf keine Mehrheit. Für die
Union schloss Merkel abermals eine Zusammenarbeit mit Linken und AfD
aus. Zu teils heftigen Störaktionen bei ihren Wahlkampfauftritten
sagte sie, dies nehme anderen auch die Möglichkeit, gut zuzuhören.
«Deshalb find ich das nicht so toll. Aber das ist Demokratie.»

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) riet unzufriedenen Bürgern,
lieber auf eine Stimme bei der Wahl zu verzichten, als AfD zu wählen.

«Aber selbstverständlich», antwortete er in einem Video-Interview d
er
«Bild»-Zeitung (Dienstag) auf die Frage, ob ein Nicht-Wähler bess
er
sei als ein AfD-Wähler. «Die AfD spaltet unser Land. Sie nutzt die

Sorgen und die Ängste der Menschen aus. Und deshalb glaube ich, dass
eine Stimme für die AfD - jedenfalls für mich - nicht zu
rechtfertigen ist». Er plädiere nicht für das Nicht-Wählen. Aber:
«Es
ist so, dass der Nicht-Wähler auch eine Meinung zum Ausdruck
bringt.» 

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann kritisierte die Äußerungen. «Ich
finde es falsch, Bürgern zu empfehlen, nicht zur Wahl zu gehen. Damit
erreicht man nicht einen AfD-Wähler», sagte er der «Bild»-Zeitung
(Mittwoch). AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland sagte: «Das sind
schöne Demokraten! Jetzt ruft ein Mitglied der Bundesregierung zum
Wahlboykott auf.»

FDP-Chef Christian Lindner attackierte die AfD als populistische
Provokationsmaschine, die sich aber nicht für die Arbeit an Konzepten
und Gesetzestexten interessiere. «Die AfD ist sicher gefährlich, weil
sie unser Volk für eine rassische, kulturelle und religiöse Einheit
hält und Vielfalt bekämpft», sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeit
ung»
(Dienstag). Im parlamentarischen Alltag sei die AfD aber «ein Schaf
im Wolfspelz». AfD-Chefin Frauke Petry warf der FDP vor, Unzufriedene
mit ungedeckten Schecks zu ködern. Der am Wochenende beschlossene
«Trendwende»-Plan sei eine «professionell vermarktete Luftnummer».


Schulz will die Zuständigkeit für Migration und Integration künftig
beim Arbeits- und Sozialministerium ansiedeln. Es sei falsch, dass
das Thema ein «Anhängsel des Innenministeriums» sei, sagte er beim
Kongress des Bundesverbands des Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in
Stuttgart. Er schlug ein «Ministerium für Arbeit und Soziales,
Migration und Integration» vor.

In der ARD-Sendung «Wahlarena» hatte er am Montagabend unter anderem
versprochen, im Fall eines Wahlsieges in den ersten 100
Regierungstagen einen Kurswechsel in der Pflege einzuleiten. Dem
«Reutlinger General-Anzeiger» sagte Schulz: «Man kann die notwendigen

Mittel entweder aus der Pflegeversicherung oder aus Steuern
finanzieren. Darüber muss man diskutieren und schauen, was
praktikabel ist.»