Kranke Haustiere können ihre Besitzer stark belasten

Dass die Pflege eines schwerkranken Angehörigen belastend ist,
versteht vermutlich jeder. Aber auch die Betreuung eines chronisch-
oder sterbenskranken Haustieres kann zur Belastungsprobe werden.

Kent (dpa) - Die Pflege eines schwerkranken Haustieres kann Stress,
Angst und Depressionen nach sich ziehen. Das schlussfolgern
US-Forscher nach einer Befragung von Hunde- und Katzenbesitzern. Ihre
Ergebnisse seien vor allem für Tierärzte von Bedeutung, die mit der
Gefühlswelt der Haustierhalter unmittelbar konfrontiert seien,
schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt «Veterinary Record». Ein
besseres Verständnis könne den Tierärzten helfen, Wut oder
Verzweiflung besser auszuhalten und Tierhalter wenn nötig auch auf
Hilfsangebote hinzuweisen.

Die Forscher um Mary Beth Spitznagel von der Kent State University
hatten auf Social-Media-Kanälen Haustierbesitzer gebeten, an ihrer
Untersuchung teilzunehmen und dazu einige Fragebögen auszufüllen. Von
den ursprünglich 600 Interessenten blieben 238 über, die die
Kriterien erfüllten. Sie allen kümmerten sich um einen Hund oder eine
Katze. Die eine Hälfte hatte ein gesundes Tier, die andere Hälfte ein
chronisch- oder sterbenskrankes.

Einige Fragen zielten darauf ab, die Belastung der Teilnehmer zu
ermitteln: «Sind Sie ungehalten, wenn Ihr Tier um sie herum ist?»
oder «Glauben Sie, dass Sie nicht genug Zeit für sich haben, weil Sie
Ihrem Tier so viel Zeit widmen müssen?». Außerdem wollten die
Wissenschaftler wissen, ob und wie stark die Haustierbesitzer an
Stress, Depressionen oder Angstgefühlen litten und wie sie ihre
Lebensqualität und die Nähe zu ihrem Tier einschätzten.

Die Auswertung der Angaben zeigte, dass die Besitzer schwerkranker
Haustiere in allen abgefragten Aspekten schlechter abschnitten als
die Besitzer gesunder Tiere. Sie fühlten sich gestresst und stark
belastet oder zeigten Anzeichen einer Depression. Die Beschwerden der
Haustierbesitzer ähnelten damit denen von Menschen, die schwerkranke
Angehörige pflegen, schreiben die Forscher.

Für Tierärzte sei es wichtig, die extreme Belastung der
Haustierhalter zu kennen, um deren Wut, Trauer oder Enttäuschung
besser zu verstehen und sich so letztlich auch selbst zu schützen. Es
sei etwa denkbar, dass gestresste Tierbesitzer häufiger als nötig in
die Praxis kämen und sie damit auch die Arbeitsbelastung der
Tierärzte erhöhten.

Die größten Stressfaktoren und die schwierigsten Momente für
Tierärzte hätten oft weniger mit den Tieren selbst zu tun als mit den
Besitzern, schreibt auch Tierärztin Katherine Goldberg, die sich mit
palliativer Tierpflege beschäftigt, in einem Kommentar zu der Studie.

Tierärzte müssten beispielsweise darin geschult werden, die
Behandlungsmöglichkeiten für kranke Tiere auf die persönliche
Situation der Tierhalter zuzuschneiden. Anstatt eine bestimmte
Behandlung zu verordnen, müssten sie mit den Tierhaltern darüber
sprechen, was machbar ist. Also etwa wie oft und welche Behandlungen
sie zu Hause durchführen können.

Eine psychologische Betreuung der Tierhalter gehöre allerdings nicht
zu den Aufgaben von Tierärzten. Stellten sie eine hohe emotionale
Belastung fest, könnten sie aber womöglich den Kontakt zu Fachleuten
vermitteln.