HIV mit Pillen vorbeugen: Medikament wird erschwinglicher

Eine Vorbeugung von HIV mit Tabletten ist 2016 auch in der EU
zugelassen worden. Bisher muss man sich die monatlichen Kosten aber
erst einmal leisten können. Mit einer Sonderlösung soll der Preis
jetzt sinken.

Berlin/Köln (dpa) - Die HIV-Vorbeugung mit einem Medikament soll für

Menschen mit hohem Infektionsrisiko leichter zugänglich werden. In
einem Pilotprojekt ist eine Kostensenkung von bislang mehreren
Hundert Euro auf 50 Euro monatlich vorgesehen, wie mehrere
Organisationen berichten. Die Kosten für die im vergangenen Jahr in
der EU zugelassene sogenannte Prä-Expositionsprophylaxe, kurz PrEP,
werden nicht von den Krankenkassen übernommen. Daher werten Fachleute
die neue Möglichkeit als großen Fortschritt. Die Zielgruppe für das

Medikament gilt als klein - vorrangig geht es um Männer, die Sex mit
häufig wechselnden Partnern haben, auch unter Drogeneinfluss und
ohne Kondom. 2016 gab es in Deutschland etwa 3400 HIV-Neudiagnosen.

Bislang besorgten Interessierte sich das Mittel aus dem Ausland oder
über das Internet. Allerdings gilt eine umfassende Begleitung und
Beratung von Ärzten bei der HIV-Prävention als maßgeblich. Denn das

Medikament bietet zwar einen hohen, aber keinen 100-prozentigen
Schutz vor HIV. Bei Menschen, die es nehmen wollen, muss sicher sein,
dass sie HIV-negativ sind. Bei einer Einnahme trotz bereits erfolgter
Ansteckung drohen Resistenzen. Zudem schützen die Tabletten nicht vor
anderen sexuell übertragbaren Infektionen. Deshalb sind regelmäßige
Tests nötig.

Zu dem günstigeren Preis wollen an dem Projekt beteiligte Apotheken
in Großstädten wie Berlin, Köln und München ein seit einigen Wochen

in Deutschland erhältliches Generikum des Medikaments «Truvada»
abgeben, wie ein Kölner Apotheker laut Deutscher Arbeitsgemeinschaft
niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (Dagnä)
kürzlich auf einer Versammlung in Köln ankündigte.

Möglich wird das, weil der Hersteller Hexal das Medikament «als
besonderes Engagement» zu einem günstigen Preis an eine Kölner Firma

abgibt, die es nur individuell und nach Verordnung verpacke, wie eine
Hexal-Sprecherin erklärte. «Die beteiligten Apotheken verpflichten
sich, innerhalb des Projektes definierte Aufklärungs- und
Beratungstätigkeiten gegenüber Anwendern zu übernehmen.» Mit der
Zulassung von «Truvada» 2016 gehen Vorschriften zur Aufklärung über

die Einnahme der PrEP einher.

Dagnä-Vorstand Knud Schewe erklärte: «Unsere Zahlen zeigen, dass die

PrEP nicht nur sinnvoll, sondern sogar kostensparend ist.» Demnach
könnten bis 2030 etwa 9000 HIV-Infektionen verhindert werden. Im
Vergleich zu den Kosten einer lebenslangen HIV-Therapie sei die PrEP
sogar zu den aktuellen Preisen kosteneffizient.

Die Deutsche Aids-Hilfe wertet das Projekt zwar als «Durchbruch»,
schränkt aber ein, dass die PrEP auch damit nicht überall verfügbar
werde und selbst die 50 Euro nicht für alle bezahlbar seien. «Wir
brauchen einen flächendeckenden, über die Krankenkassen finanzierten
Zugang zur HIV-Prophylaxe», forderte Vorstand Ulf Hentschke-Kristal.

Für die Therapie bereits HIV-Infizierter ist das Medikament schon
seit Jahren zugelassen - neu ist die präventive Anwendung. Es enthält
Wirkstoffe, die die Virusvermehrung in den Zellen hemmen. Das Mittel
hat auch Nebenwirkungen, wie Magen-Darm-Probleme, Übelkeit und
Müdigkeit. Bei langer Einnahmedauer kann sich die Nierenfunktion
verschlechtern und die Knochendichte verringern.