Immer noch kritische Keime in Hähnchen- und Putenfleisch

Nutztiere sollen weniger Antibiotika bekommen. Das soll
antibiotika-resistente Keime eindämmen. Noch ist aber ein weiter Weg
zu gehen.

Berlin (dpa) - In Hähnchen- und Putenfleisch aus Supermärkten finden
sich amtlichen Untersuchungen zufolge vielfach immer noch
antibiotika-resistente Keime. Wie das Bundesagrarministerium auf eine
Frage der Grünen antwortete, wurden im vergangenen Jahr bei 208 von
418 Hähnchen-Proben sogenannte ESBL-Keime nachgewiesen - also bei
fast der Hälfte. Bei Putenfleisch war dies den vorläufigen Daten
zufolge bei 178 von 459 Proben der Fall.

Problematisch sind diese Keime nach Angaben des Bundesinstituts für
Risikobewertung, weil sie Enzyme namens ESBL (Extended-Spektrum
Beta-Laktamasen) produzieren. Diese machen sie gegen bestimmte
Antibiotika unempfindlich, also resistent. Grünen-Fraktionsvize
Oliver Krischer nannte die Zahl der Funde «erschreckend hoch».
Entscheidend sei, den Einsatz von Antibiotika in Tierställen
drastisch zu reduzieren und die Hygiene in Schlachthöfen zu
verbessern.

Ebenfalls antibiotika-resistente MRSA-Keime wurden der Antwort des
Agrarministerium zufolge im vergangenen Jahr in 204 von 458
Putenfleisch-Proben nachgewiesen sowie in 55 von 422 amtlichen
Hähnchenfleisch-Proben. Angaben für 2017 standen laut Regierung noch
nicht zur Verfügung.

Eine zu starke Verwendung von Medikamenten in der Tierhaltung wird
seit langem kritisiert. Bekommen Nutztiere Antibiotika, sterben
zunächst viele potenziell krankheitserregenden Bakterien ab. Einige
wenige sind aber gegen die Behandlung immun. Sie überleben und
vermehren sich weiter.

Durch diesen Effekt können Antibiotika irgendwann vielen Bakterien
nichts mehr anhaben. Der Einsatz der Mittel soll weiter sinken. Dafür
sind unter anderem Meldepflichten und strengere Vorgaben für Bauern
und Tierärzte eingeführt worden.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium betonte am Mittwoch, dass sich
die Gesamtmenge der an Tierärzte abgegebenen Antibiotika zwischen
2011 und 2016 halbiert habe. Die Abgabemengen für Antibiotika mit
besonderer Bedeutung für den Menschen seien bei den meisten
Wirkstoffklassen gleichbleibend oder rückläufig. Bei den sogenannten
Fluorchinolonen, die auch in der Humanmedizin eine große Rolle
spielen, sei die Abgabemenge aber noch höher als im Jahr 2011.

«Insbesondere die Anwendung sogenannter Reserveantibiotika muss
restriktiver werden», sagte Bundeslandwirtschaftsminister
Christian Schmidt (CSU). Diese Mittel werden eingesetzt, wenn andere
Antibiotika keine Wirkung mehr zeigen.

Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Umfrage im Auftrag der
Naturschutzorganisation BUND sind 85 Prozent der Bundesbürger für ein

Verbot von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung. «Tiere, die gut
gehalten werden, brauchen keine Antibiotika und schon gar nicht
solche, die für die menschliche Gesundheit essenziell sind», sagte
der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.