WHO mahnt zur Hepatitis B-Impfung für Neugeborene weltweit

Millionen Menschen sind mit Hepatitis infiziert und wissen nichts
davon. Die Infektion kann zu Leberkrebs und einem frühen Tod führen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt früheres Impfen als in
Deutschland bislang vorgesehen.

Genf (dpa) - Angesichts der weltweiten Hepatitis-Epidemie drängt die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) darauf, in allen Ländern der Welt
schon Neugeborene in den ersten Lebensstunden gegen die
Leberentzündung vom Typ B zu impfen. Auch in wohlhabenderen Ländern
steige die Zahl der Fälle, etwa durch Migration, sagte Marc Bulterys,
Teamleiter des WHO-Hepatitis-Programms, anlässlich des
Welt-Hepatitis-Tages an diesem Freitag (28. Juli) in Genf. Hepatitis,
auch Gelbsucht genannt, kann zu Krebs führen. Die WHO sieht gute
Fortschritte, neue Infektionen bis 2030 um 90 Prozent und die Zahl
der Todesfälle um 65 Prozent zu reduzieren.

Die WHO hat die Hepatitis-B-Impfung in den ersten 24 Stunden nach der
Geburt 2009 erstmals empfohlen. Länder mit relativ wenigen Fällen
hätten dies aber nicht umgesetzt, sagte Bulterys. Nach Auswertung
neuer Studien habe die WHO die Empfehlung Anfang Juli aber nun für
alle Länder ohne Ausnahme erneuert.

In Deutschland ist die Hepatitis-B-Impfung nach Angaben des
Robert Koch-Instituts Bestandteil des Impfprogramms für Säuglinge und

Kleinkinder und wird im Alter von zwei Monaten empfohlen. Nur Babys
von Müttern mit chronischer Hepatitis B oder unbekanntem
Hepatitis-B-Status sollen direkt nach der Geburt geimpft werden.

Weltweit waren 2015 nach WHO-Schätzungen 71 Millionen Menschen mit
Hepatitis C und 257 Millionen mit Hepatitis B infiziert, den beiden
bedeutendsten der fünf Hepatitis-Typen. 1,3 Millionen Menschen
starben durch die Infektionen, etwa so viele, wie durch Tuberkulose
umkamen. Weniger als zehn Prozent der Infizierten wüssten aber
überhaupt von ihrer Krankheit.

Die WHO empfiehlt deshalb stärkere Routine-Diagnoseprogramme. «Es
gibt keinen Grund, warum Millionen von Menschen noch nicht getestet
sind und deshalb die Medikamente nicht bekommen, die sie so dringend
benötigen», sagte der Direktor der für HIV und Hepatitis zuständi
gen
Abteilung, Gottfried Hirnschall.

Rund 70 Prozent der Hepatitis-Kranken leben nach WHO-Angaben in 28
Ländern, darunter China, Indien, Südafrika und Brasilien. 89 Prozent
der Länder hätten den Kampf gegen die Hepatitis inzwischen zur
Priorität gemacht. 30 Prozent der Infektionen passieren durch
falschen Spritzengebrauch.

Gegen Hepatitis C gebe es seit vier Jahren gute Medikamente, die 95
Prozent der Patienten mit einer Dreimonatsbehandlung heilen können.
Der Preis eines Generikaprodukts des indischen Herstellers Mylan mit
WHO-Qualitätsstempel sei drastisch gesunken. Arme Länder hätten mit
dem Hersteller Preise von rund 230 Euro für das Dreimonatsrezept
ausgehandelt, sagte Bulterys. In wohlhabenden Ländern seien die
Medikamente teurer. Die WHO rechnet mit der Zulassung mehrerer
weitere Medikamente in naher Zukunft.

Die Organisation Ärzte der Welt forderte von der Bundesregierung und
den Krankenversicherungen, schärfer gegen «Wucherpreise» bei den
lebensrettenden Medikamenten vorzugehen. Durch das faktische Monopol
eines Pharmakonzerns koste eine Therapie in Deutschland rund 43 600
Euro. Die Organisation habe bereits Einsprüche beim Europäischen
Patentamt eingelegt, um Generika zu ermöglichen.

Bei Hepatitis B brauchen Patienten laut WHO lebenslang Medikamente.
Hier hätten manche Länder mit den Herstellern Preise von nur noch
rund 40 Euro für die Behandlung pro Patient pro Jahr ausgehandelt.

In Deutschland nehmen die registrierten Fälle von Hepatitis E zu.
Wurden 2014 laut Bundesinstitut für Risikobewertung 670 Fälle
gemeldet, waren es 2015 bereits 1246 Fälle. Die Ursachen seien
unbekannt. Hepatitis E kann etwa durch Schweinefleisch übertragen
werden und ist für die meisten Menschen ungefährlich, für
Immungeschwächte und Frauen im letzten Schwangerschaftsdrittel aber
lebensbedrohlich.