Minderjährige Patienten und die Rechtslage in Deutschland

London (dpa) - Wann darf ein Arzt ein Kind sterben lassen? In
Großbritannien wird der Fall von Baby Charlie vor Gericht verhandelt.
Wie sieht die Rechtslage bei Kindern in Deutschland aus?

Auch ein Minderjähriger hat das Recht auf freies und selbstbestimmtes
Handeln. Jedoch stellt der Gesetzgeber fest, dass einem Kind vor der
Volljährigkeit die Fähigkeit fehlen kann, alle Vor- und Nachteile
einer Entscheidung abzusehen. Daher treten die Eltern oder andere
Erziehungsberechtigte zu seinem Schutz ein. Nach dem Grundgesetz ist
die «Pflege und Erziehung der Kinder» ihr Recht und ihre Pflicht.
Dabei müssen sie das rechtlich geschützte Kindswohl berücksichtigen.


Bei medizinischen Entscheidungen kommt es vorrangig auf das
Selbstbestimmungsrecht des - auch minderjährigen - Patienten an. Das
gilt genauso in Hinblick auf lebensverlängernde Maßnahmen.
Jugendliche können häufig die Folgen ermessen, die aus einer
Behandlung oder deren Ablehnung entstehen. Dann nimmt der Arzt
grundsätzlich diesen Willen als Grundlage seiner medizinischen
Therapie. Andernfalls entscheiden bis zur Volljährigkeit die Eltern.

Ist der Wille des minderjährigen Patienten jedoch nicht bekannt oder
herauszufinden, weil das Kind noch sehr jung ist - wie etwa im Fall
Charlie -, dann ist in Deutschland in der Regel die Entscheidung der
Eltern ausschlaggebend. Sie bestimmen, was gut und was schlecht für
das Kind ist. Ärzte folgen dann ihrem Willen. Deutsche Gerichte
erachten das Recht auf Leben für besonders schützenswert und sprechen
sich tendenziell eher für lebenserhaltende Maßnahmen aus.