Ausgabenschub bei Krebsmedikamenten - Barmer verlangt Kosten-Debatte

Früher waren es einige Tausend Euro - heute sind es oft
Hunderttausende: So viel kostet eine Krebsbehandlung. Die
Krankenkassen sind alarmiert.

Berlin (dpa) - Die Medikamente für die knapp eine halbe Million
Menschen, die in Deutschland jährlich an Krebs erkranken, werden
immer teurer. Deutschland ist dabei international Spitzenreiter, wie
aus einem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Arzneimittelreport
der Krankenkasse Barmer hervorgeht. Es müsse diskutiert werden, «ob
die Preise in Deutschland gerechtfertigt sind», forderte Barmer-Chef
Christoph Straub.

Bei den Kosten von 31 einschlägigen Krebsmedikamenten sei Deutschland
international führend. Bei 90 Prozent dieser Mittel lägen die Preise
über dem internationalen Mittelwert. Acht der Arzneimittel kosten
demnach hierzulande sogar am meisten.

In der ambulanten Versorgung der Barmer-Versicherten stiegen die
Ausgaben für Krebsmedikamente laut dem Report seit 2011 um 41
Prozent. «Dieser Trend setzt sich dynamisch fort», sagte Straub. Die
Kosten für die anderen Arzneimittel stiegen lediglich um 20 Prozent.

Rund 490 000 Menschen in Deutschland werden pro Jahr neu mit der
Diagnose Krebs konfrontiert. Straub machte deutlich, dass keinem
Patienten die Therapie aus Kostengründen verweigert werden solle.
Nötig sei aber eine Kostendebatte.

Zwar gibt es eine offizielle Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln.
Aufgrund dieser Bewertung führen die Krankenkassen mit den
Herstellern Verhandlungen über den Erstattungspreis. Laut Straub
fehlt aber eine nochmalige spätere Bewertung - wenn beispielsweise
fünf Jahre nach Markteinführung Erfahrungswerte vorliegen.

Hätten die Arzneimittelkosten für eine typische Chemotherapie in den
90-er Jahren umgerechnet noch bei wenigen Tausend Euro gelegen, so
seien es zehn Jahre später einige Zehntausend Euro gewesen, sagte
Straub. «Heute erreichen die Kosten in vielen Fällen eine
Größenordnung von Hunderttausend Euro und mehr.» Fünf der zehn
Arzneimittel mit den größten Umsatzsteigerungen dienen laut der
Studie der Behandlung von Tumorerkrankungen.

Studienautor Daniel Grandt betonte, neue Arzneimittel führten nicht
zu einer Heilung, sondern in der Regel zu einer Verlängerung des
Überlebens zunächst ohne Fortschreiten der Krankheit um wenige
Monate. Von den 460 000 Barmer-Versicherten mit Tumor-Diagnose seien
409 000 mindestens 70 Jahre alt.