Mortler: Hilfe für Suchtkranke muss deren Kinder mit im Blick haben

Etwa drei Millionen Kinder wachsen in suchtbelasteten Familien auf.
Auch sie brauchen Hilfe. Das sei eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe, meint die Drogenbeauftragte Mortler.

Berlin (dpa) - Die Hilfe für Suchtkranke muss nach den Worten der
Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), die
Hilfe für deren Kinder gleich mit einbeziehen. Mortler sagte am
Montag bei der Jahrestagung «Kinder aus suchtbelasteten Familien» in
Berlin: «Wir müssen immer, wenn es um einen suchtkranken Erwachsenen
geht, die Kinder gleich mitdenken - in der ambulanten Suchthilfe, in
den Kliniken, bei den Suchtmedizinern, in der Reha.»

Die Hilfe für diese Kinder sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Keiner könne diese Aufgabe allein lösen, «nicht die Jugendämter,
nicht die Suchthilfe, nicht die Kassen, nicht die Rentenversicherung,
nicht die Kommunen oder der Bund. Wirkliche Verbesserungen, eine
wirkliche Veränderung der Lage können wir nur gemeinsam erreichen»,
sagte Mortler und forderte eine engere Kooperation der zuständigen
Stellen, vor allem vor Ort in den Kommunen.

Aber auch zwischen den einzelnen Säulen des Sozialsystems müssten im
Sinne der betroffenen Kinder Brücken gebaut werden. Die Reha der
suchtkranken Mutter zahle die Rentenversicherung. Wer für die
Betreuung und Behandlung des Kindes in der Situation aufkomme, sei
unklar.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) will die wohnortnahe
Versorgung von Kindern suchtkranker Eltern verbessern. Huml erklärte
anlässlich der Jahrestagung, ihr Ministerium fördere das Projekt
«Schulterschluss» mit 110 000 Euro. Dabei werden die Einrichtungen
der Jugend- und der Suchthilfe über kostenfreie zweitägige Seminare
bei der Bildung tragfähiger Netzwerke für suchtbelastete Familien
unterstützt. Nach Humls Angaben gibt es derzeit 35 Landkreise und
kreisfreie Städte, die an dem Projekt teilnehmen.

Huml erläuterte: «Die Seminarteilnehmer sollen lernen, Suchtstörungen

und vor allem suchtbelastete Familien früh zu erkennen.» In Bayern
könne von etwa 420 000 Kindern und Jugendlichen ausgegangen werden,
die mindestens ein alkoholkrankes Elternteil haben. «Nahezu jedes
sechste Kind kommt aus einer Suchtfamilie. Diese Zahlen sind
besorgniserregend.»