Drogenbeauftragte: Kinder suchtkranker Eltern brauchen Hilfe

Es ist das am besten gehütete Familiengeheimnis: die Alkohohl-,
Drogen- oder Spielsucht der Eltern. Wenn doch Hilfe kommt, dann in
der Regel nur für die Süchtigen. Wer aber kümmert sich um die Kinder?


Berlin (dpa) - Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene
Mortler (CSU), hat bessere Unterstützung für Kinder suchtkranker
Eltern durch staatliche Stellen gefordert. Viele betroffene Kinder
fielen in Deutschland «durch die Maschen unseres Hilfssystems», sagte
Mortler der Deutschen Presse-Agentur. Sie fügte hinzu: «In der
Suchthilfe kümmert man sich vor allem um die suchtkranken Eltern, bei
den Jugendämtern ist man damit ausgelastet, sich um die
offensichtlichsten Fälle der Kindswohlgefährdung zu kümmern, also
etwa um sexuellen Missbrauch und physische Gewalt.»

Die Drogenbeauftragte bekräftigte: «Entscheidend ist, dass
Jugendämter, Suchthilfe, öffentlicher Gesundheitsdienst vor Ort
miteinander und nicht nebeneinander arbeiten. Wenn ein Kind erkennbar
Hilfe braucht, müssen alle an einem Strang ziehen.» Zudem müssten die

Kommunen klare Ansprechpartner benennen, an die sich Erzieher oder
Lehrer wenden können, wenn ein Kind ganz offensichtlich Probleme hat.

Mortler hat das Thema Kinder aus suchtbelasteten Familien zu einem
Schwerpunkt des diesjährigen Drogen- und Suchtberichtes gemacht, der
voraussichtlich Anfang Juli veröffentlich wird. Zudem will sie an
diesem Montag (09.30 Uhr) auf der Jahrestagung mit Fachleuten
unterschiedlicher gesellschaftlicher Einrichtungen dieses Problem
erörtern.

In Deutschland haben rund 2,65 Millionen Kinder und Jugendliche unter
18 Jahren im Laufe ihres Lebens mit einem Elternteil zusammengelebt,
die die Diagnose Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit hatten. Etwa
60 000 Kinder haben einen drogenabhängigen (opiatabhängigen)
Elternteil und rund 37 500 bis 150 000 Kinder haben
glücksspielsüchtige Eltern. Die Dunkelziffer ist hoch.

«In einigen Städten, etwa in Dresden, klappt das vorbildlich», sagte

Mortler. «Dort beginnt die Zusammenarbeit schon in der Geburtsklinik:
Wenn auffällt, dass Eltern suchtkrank sind, dann informiert das
Krankenhaus das Jugendamt und die Suchthilfe. Dann schauen alle
gemeinsam, wie man der Familie von Beginn an zur Seite stehen kann.» 

Doch auch Bund und Länder müssten ihre Hausaufgaben machen. Hier geht
es um Kooperation der Sozialsysteme. Wenn etwa eine alleinerziehende
alkoholkranke Mutter zur Behandlung für ein paar Wochen in Reha gehe,
sollte die Situation grundsätzlich genutzt werden, auch die
betroffenen Kinder zu betreuen. Solche Angebote gebe es aber kaum,
weil nicht klar ist, wer sie bezahlen müsste.