Bundesbeauftragte fordert Reform von Sozialwahlen

Die Sozialwahl ist die drittgrößte Wahl in Deutschland. Die
Wahlberechtigten bekommen ab jetzt die Unterlagen zugeschickt.
Renten- und Krankenversicherungen hoffen, dass sie nicht gleich im
Papierkorb landen.

Berlin (dpa) - Wegen der geringen Beteiligung sollten die
Sozialwahlen nach Ansicht der Bundesbeauftragten Rita Pawelski
dringend reformiert werden. Entgegen den Zusagen habe die große
Koalition von Union und SPD in der zu Ende gehenden Legislaturperiode
weder eine Stärkung der Selbstverwaltung noch eine Reform der
Sozialwahlen zustande gebracht, kritisierte Pawelski am Dienstag in
Berlin bei einer Auftaktveranstaltung zur Sozialwahl 2017.

Am Dienstag startete die Versendung der Wahlunterlagen an die bis zu
52 Millionen Wahlberechtigten für die Selbstverwaltung von
gesetzlicher Renten- und Krankenversicherungen. Diese sind nicht als
staatliche Behörden organisiert, sondern als eigenständige
Körperschaften mit eigenen Parlamenten. Die gewählten Vertreter
entscheiden unter anderem über die Gestaltung neuer Leistungen oder
den Haushalt der Versicherungen.

Auch Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) sagte bei der
Veranstaltung, sie hätte sich eine Weiterentwicklung der Sozialwahl
gewünscht. In diesem Zusammenhang kritisierte sie, dass in der
Selbstverwaltung nur 18 Prozent Frauen sitzen. Im übrigen könnte sich
die Wahlbeteiligung erhöhen, wenn man künftig nicht mehr nur per
Briefwahl, sondern online seine Stimme abgeben könnte. Die
Wahlbeteiligung lag beim letzten Mal vor sechs Jahren bei 30 Prozent.

Pawelski nannte es «unverschämt», dass sich einige Kommunen
weigerten, für die Sozialwahl Werbung zu machen. Schließlich handele
es sich nach Bundestags- und Europawahl um die drittgrößte Wahl in
Deutschland. Zugleich rief sie alle Sozialversicherungsträger auf,
sich auf demokratische Urwahlen einzulassen.

Denn nur zehn Renten- und Krankenversicherungsträger lassen ihre
Vertreter für die Selbstverwaltung wählen. Die anderen bestimmen ihre
Vertreter in den Selbstverwaltungsgremien in einer sogenannten
Friedenswahl ohne echten Wahlgang. Möglich wird das, weil die
Kandidaten bei der Sozialwahl nicht direkt gewählt werden, sondern
gemeinsam in Listen antreten. Etliche Versicherungsträger stellen
aber nicht mehrere Listen auf, sondern verständigen sich auf eine,
die dann quasi automatisch zum Zug kommt.

Der CDU-Abgeordnete Kai Whittaker nannte die Wahl teilweise
undemokratisch. «Viele Krankenversicherungen verwehren ihren
Mitgliedern die Mitbestimmung», sagte der Sozialpolitiker der
Deutschen Presse-Agentur.

Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, Gundula
Roßbach, sagte der dpa, die Sozialwahl biete die Chance, sich
einzumischen, mitzureden und mitzugestalten. «Eine hohe
Wahlbeteiligung wäre auch ein positives Signal für unseren
Sozialstaat und für unsere Demokratie.»