«March for Science»: Weltweit Demonstrationen für die Wissenschaft

Fakten statt Fake: Um die Anerkennung wissenschaftlicher Ergebnisse
ging es den Demonstranten des «March for Science» - und um die
Freiheit der Forschung. Selbst auf Helgoland gingen dafür Menschen
auf die Straße.

Washington/Berlin (dpa) - Zehntausende Menschen haben am Samstag in
mehr als 600 Städten weltweit für die Bedeutung von Wissenschaft und
eine faktenbasierte Politik demonstriert. Allein 37 000 Teilnehmer
gab es bei den mehr als 20 Veranstaltungen in Deutschland, wie die
Koordinatoren des «March for Science» mitteilten.

Bei der zentralen Hauptveranstaltung in Washington versammelten sich
trotz Regenwetters nach Schätzungen zeitweise Zehntausende Menschen
am Washington Monument mit Blick auf das Weiße Haus. Auch in vielen
anderen US-Städten kamen Menschen zu Tausenden zusammen, so in etwa
in New York, Chicago und Los Angeles.

In Berlin gingen nach Angaben der Veranstalter unter dem Motto
«Wissenschaft ist keine Meinung, alternative Fakten sind Lügen» rund

11 000 Menschen auf die Straße. Vor allem in den Universitätsstädte
n
gab es große Demonstrationen. Selbst Helgoland beteiligte sich: 50
Menschen seien auf der Nordseeinsel für die Wissenschaft auf die
Straße gegangen, hieß es von den deutschen «March for
Science»-Koordinatoren.

«Wir können nicht akzeptieren, dass in Zeiten, in denen der Mensch
diesen Planeten verändert wie nie zuvor in der Geschichte,
Entscheidungen getroffen werden, ohne auf wissenschaftliche Fakten
zurückzugreifen», sagte der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft,
Martin Stratmann, beim «March for Science» in München. «Wir dürfe
n
uns nicht dümmer stellen, als wir sind.» Rund 3000 Menschen gingen in
München nach Polizeiangaben auf die Straße. «Forschen statt Faken»

und «Make Science Great Again» hieß es auf Transparenten - in
Anspielung auf den Slogan von US-Präsident Donald Trump «Make America
Great Again».

Trump hatte den Klimawandel in der Vergangenheit als Ente bezeichnet.
Er hat mit dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen gedroht
und Umweltschutzauflagen seines Vorgängers Barack Obama rückgängig
gemacht. Auch sieht sein Haushaltsvorschlag Kürzungen bei der
Forschungsförderung vor. Dennoch erklärte Trump zum Tag der Erde am
22. April (engl.: Earth Day), eine «gründliche Wissenschaft» hänge

nicht von einer Ideologie ab, «sondern von einem Geist ehrlicher
Erforschung und kräftiger (robust) Debatte».

Viele Wissenschaftler sind derzeit besorgt wegen der Zurückweisung
wissenschaftlicher Erkenntnisse etwa zum Klimawandel und zur
Sicherheit von Impfstoffen durch Politiker, aber auch in Teilen der
Gesellschaft. Ihnen geht es aber auch darum, die Freiheit
wissenschaftlicher Forschung zu erhalten. Die Märsche für die
Wissenschaft hatten sich aus dem Frauenmarsch auf Washington am Tag
nach der Vereidigung Trumps im Januar entwickelt.

Zu den ersten Demonstranten hatten Wissenschaftler und ihre
Unterstützer in Neuseeland gezählt. Vor allem der Klimaschutz war e
in
großes Thema bei den Teilnehmern in Wellington, Dunedin und anderen
Städten.

Der Forschungsleiter am Deutschen Museum in München, Helmuth
Trischler, sagte: «Wenn das Leugnen des Klimawandels mehrheitsfähig
geworden ist und Fakten Alternativen bekommen, genügt es nicht mehr,
wenn Wissenschaftler im Wesentlichen nur unter sich selbst
kommunizieren.»

Das deutsche Organisationsteam betonte, die Demonstrationen seien
keine Anti-Trump-Veranstaltung. Das Leugnen gesicherter
wissenschaftlicher Erkenntnisse sei ein weltweites Problem.
«Autokraten haben ein Interesse an einer unaufgeklärten
Öffentlichkeit», sagte der Greifswalder Philosophieprofessor Micha
Werner bei der dortigen Veranstaltung. Angst, Zweifel und
Unsicherheit seien dort am wirksamsten, wo sie nicht durch Fakten
begrenzt würden. 

Auf einem Transparent in Freiburg stand «Für Fakten gibt es keine
Alternative». «Wissenschaft ist keine Meinung» hieß es auf einem
Plakat in Frankfurt. Redner mahnten dort, Forscher müssten stärker
den gesellschaftlichen Dialog suchen.

Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans
Joachim Schellnhuber, sagte, es sei kein Zufall, dass die
Klimaforschung zuerst angegriffen werde. «Die menschengemachte
Erderwärmung wie auch die Politik zu ihrer Begrenzung sind naturgemäß

global - für Nationalisten einfach unerträglich.»