Kliniken, Kassenärzte und Kassen streiten wegen Notfallversorgung

Die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen
Ärzten ist ein Dauerärgernis. Jetzt erhitzt eine Neuregelung zur
Notfallversorgung erneut die Gemüter.

Berlin (dpa) - Die Erstversorgung von Patienten in den
Notfallambulanzen der Kliniken sorgt für neuen Streit zwischen
Krankenhäusern, Kassenärzten und Krankenkassen. Die Deutsche
Krankenhausgesellschaft (DKG) beklagt einen massiven Zeitdruck bei
der ersten Abklärung von Notfallpatienten. «In zwei Minuten soll die
verwaltungsmäßige Erfassung der Patienten stattfinden und ein
Mediziner Zeit haben, um eine Diagnose zu stellen, die medizinisch
korrekt und auch rechtssicher ist», sagte DKG-Hauptgeschäftsführer
Georg Baum der Deutschen Presse-Agentur.

Hintergrund ist, dass seit 1. April eine neue Regelung zum Notfall-
und Bereitschaftsdienst gilt. Besonders strittig ist die sogenannte
Abklärungspauschale. Dabei entscheidet ein Arzt, ob der
Notfallpatient zu einem niedergelassenen Arzt geschickt werden kann,
oder ob er weiter stationär im Krankenhaus behandelt werden muss. Die
Pauschale wird tagsüber mit 4,74 Euro honoriert und nachts mit 8,42
Euro.

Diese Gebührenziffern deckten offiziell nur zwei Minuten ab,
argumentierte Baum. «Medizin in einer Zeitspanne, die nicht für ein
hartgekochtes Ei reicht, das kann nicht im Sinne von Ärzten sein. Im
Sinne von Patienten ist es sicherlich nicht.» Gesetzliche
Krankenversicherung (GKV) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
nannten diese Darstellung «ausgemachten Unsinn».

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes,
Johann-Magnus von Stackelberg, sagte der dpa, dass «die
Krankenhauslobby in diesem Streit Patienten und Ärzte mit ihren
Schreckensmeldungen verunsichert», sei ärgerlich. «Der Streit
zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten um ambulante
Behandlungen darf nicht auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten
ausgetragen werden. Wir brauchen funktionierende Modelle der
Zusammenarbeit.»

Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen, erläuterte der dpa,
wenn in einer ersten Abklärung entschieden werden kann, ob ein
Patient auch ambulant von einem niedergelassenen Arzt behandelt
werden kann, entlaste das die Notfallambulanzen. Die Ärzte dort
hätten dann mehr Zeit für die «echten» Notfälle. «Für diese A
bklärung
hat es bisher keine Honorierung gegeben.» Seit 1. April gebe es nun
genau für diese Abklärung Geld.

Baum sagte weiter, die Ärzte «werden sich sicherlich nicht nach zwei
Minuten umdrehen, wenn sei keine Klarheit haben. ... Der Druck ist
aber natürlich extrem, den insbesondere die Krankenkassen hier
ausüben.» Letztlich würden die Kliniken in eine ethische Falle und in

Verluste getrieben. «Sie erbringen alle erforderlichen Leistungen für
die Patienten und die Kassen sparen zugunsten ihrer
Milliardenüberschüsse.»