WHO: Millionen leiden an Depressionen - Junge und Alte gefährdet

Depressionen sind in vielen Ländern noch ein Tabu-Thema, auch wenn
mehr als 300 Millionen Menschen weltweit betroffen sind. Die WHO
kämpft jetzt mit einer Kampagne «Lass uns reden» gegen das Stigma.

Genf (dpa) - Die Zahl der Menschen mit Depressionen steigt weltweit
rasant. Nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren
2015 rund 322 Millionen Menschen betroffen, 4,4 Prozent der
Weltbevölkerung. Das waren gut 18 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor.

Der Anstieg sei vor allem auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen

und die längere Lebenserwartung, da besonders ältere Menschen
betroffen seien, sagte einer der Autoren der Studie, Dan Chisholm, am
Donnerstag in Genf. «Depression ist heute weltweit die Hauptursache
für Lebensbeeinträchtigung.» Zum Vergleich: Rund 35 Millionen
Menschen leben mit Krebs. Der Weltgesundheitstag am 7. April steht
unter dem Motto: «Depression - lass uns reden».

Für Deutschland schätzt die WHO die Zahl der Menschen mit
Depressionen auf 4,1 Millionen, 5,2 Prozent der Bevölkerung. 4,6
Millionen Menschen lebten mit Angststörungen. Die Stiftung Deutsche
Depressionshilfe spricht von einer Volkskrankheit. Depressionen
gehörten zu den häufigsten und mit Blick auf die Schwere am meisten
unterschätzten Erkrankungen.

Die WHO sieht besonderen Handlungsbedarf bei Jugendlichen, Frauen vor
und nach der Geburt sowie älteren Menschen. «Die heutige Jugend steht
wie keine andere Generation vor ihr unter Druck», so Chisholm. Bei
Social Media sei noch nicht völlig klar, inwiefern sie zu
Angststörungen und Depressionen beitragen können. «Wir sind besorgt
»,
meinte er jedoch. Lehrer und psychologische Berater an Schulen
müssten besser ausgebildet sein, um gefährdete Kinder zu erkennen.
«Schulen müssen mehr Lebenskompetenz vermitteln, um die
Widerstandsfähigkeit der Kinder gegen Druck von außen zu stärken.»


Mehr Frauen als Männer weltweit hätten Depressionen, hieß es von der

WHO weiter. Stärker als der Durchschnitt litten zudem Menschen
zwischen 55 und 74 Jahren an Depressionen. In der Altersgruppe seien
7,5 Prozent der Frauen und 5,5 Prozent der Männer betroffen. Bei etwa
gleich vielen Menschen würden Angststörungen diagnostiziert, so die
WHO. Viele Menschen hätten Depressionen und Angststörungen.

Um die weltweite Belastung mit Krankheiten zu messen, addiert die WHO
die Jahre, die Menschen mit einer bestimmten Krankheit leben (YLD -
Years Lived with Disability). Im Fall der Depressionen kommt sie auf
50 Millionen Jahre. Das sind 7,5 Prozent aller Krankheitsjahre - mehr
als jede andere Krankheit zur Statistik beiträgt.