Viren-Wetter: Grippewelle rollt - drohen auch mehr Erkältungen? Von Gisela Gross, dpa

Mit Sturmtief «Axel» scheint die Kälte dieser Tage förmlich in die

Knochen zu kriechen. Manche niesen schon. Muss man eher eine
Erkältung oder gar Grippe fürchten, wenn man durchgefroren ist?

Berlin (dpa) - Bloß nicht ohne Mütze oder gar mit nassen Haaren in

die Kälte! Dem Volksmund nach kann ein kalter Kopf Krankmacher sein -
wer sich nicht warm genug angezogen hat, trägt demnach selbst Schuld
für triefende Nase, Fieber und Husten. Drohen angesichts des
aktuellen Wintersturmtiefs mit klirrender Kälte nun auch mehr
Erkältungen und Grippefälle in Deutschland? Zwar macht Kälte allein
Experten zufolge nicht unbedingt krank - irrelevant sind die
Temperaturen aber nicht. Denn Viren haben bei Kälte leichteres Spiel.

Grippeviren beispielsweise überlebten länger in der äußeren Umgebun
g,
je trockener und kälter es ist, sagt Silke Buda vom Robert
Koch-Institut (RKI) auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Allerdings ist die Grippewelle dieses Winters unabhängig von der
aktuellen Kälte losgerollt: Experten sehen den Beginn einige Wochen
früher als in den vergangenen beiden Saisons, und zwar kurz vor
Weihnachten 2016.

Bei rund 2600 Menschen haben Laboruntersuchungen nach Daten der
Arbeitsgemeinschaft Influenza am RKI von Beginn der Grippewelle bis
Anfang Januar eine Grippeerkrankung bestätigt. Längst nicht alle
Erkrankungen werden gemeldet. «Es gibt schon eine deutliche
Viruszirkulation», betont Buda. Betroffen sind demnach bislang
ältere Menschen insbesondere bei schweren Krankheitsverläufen.

Gemeldet wurden mehrere Ausbrüche in Krankenhäusern in
verschiedenen Bundesländern - und neun Todesfälle, davon acht bei
Menschen ab 60 Jahren. «Das erinnert auch an die Saison 2014/15»,
sagt Buda. Damals starben nach RKI-Schätzungen rund 20 000 Menschen
an Grippe. Buda will die aktuelle Situation nicht überbewerten: «Aber
wir haben da schon ein Auge drauf. Ein besorgtes.»

Bayern ist bisher ein Schwerpunkt des Geschehens.
Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) weißt darauf hin, dass eine
Impfung auch jetzt noch sinnvoll sei. «Grippe ist keine harmlose
Erkältung», warnt sie.

Nachweislich seien die oberen Atemwege bei kalter Luft anfälliger,
erläutert die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für
Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Erika Baum. So werde
beispielsweise der Abwehrmechanismus der Flimmerhärchen durch Kälte
und trockene Luft beeinträchtigt.

Gerade Kinder könnten zudem über den Kopf recht schnell auskühlen,
da
er bei ihnen verhältnismäßig groß und dünn behaart ist, wie Bau
m
erläuterte. Wenn der Körper auskühlt, werden einige Funktionen
heruntergefahren, darunter auch die Abwehr. Baum verweist zudem
darauf, dass kalte oder nasskalte Füße erwiesenermaßen zu
Blasenentzündungen führen können.

Letztlich seien es viele jahreszeitliche Faktoren, die die
Ausbreitung von Atemwegserkrankungen wie Grippe und Erkältungen
beeinflussten, erklärt RKI-Expertin Buda: «Temperatur, Wetter und
Luftfeuchtigkeit spielen zwar mit eine Rolle, aber nicht die
entscheidende.» Der Impfschutz in der Bevölkerung, die Neuheit einer
Virenvariante und auch das Immunsystem des Einzelnen hätten
beispielsweise Einfluss.

Zudem halten sich die Menschen im Winter eher in geschlossenen,
beheizten Räumen auf, was die Schleimhäute austrocknen kann. Wo sich

viele Menschen aufhalten, kommt es zudem eher zu Ansteckungen.