Asthma und Leistungssport: Normal oder Chance für verstecktes Doping? Von Gerald Fritsche, dpa

Asthmatisches Husten ist im Leistungssport nicht selten. Besonders
Ausdauersportarten wie Ski-Langlauf fallen dabei auf. Warum ist das
so?

Oberstdorf (dpa) - Im Zielbereich eines Langlauf-Wettbewerbs klingt
es wie auf einer Krankenstation. Wenn die Skiläufer ihr Rennen
beendet haben, beginnt das große Husten. Asthmatische Probleme sind
im Ausdauersport weit verbreitet, besonders im Winter. Der
Mannschaftsarzt der deutschen Langläufer, Tom Kastner, erklärt, warum
dies so ist und wie behandelt wird. Der 32-Jährige Mediziner am
Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig nennt zudem
Maßnahmen, die getroffen werden können, ohne dass es Konflikte mit
den Anti-Doping-Bestimmungen gibt.

Warum sind asthmatische Hustenanfälle im Spitzensport allgemein und
im Langlauf speziell keine Besonderheit?

Im Ausdauersport werden die Schleimhäute einer besonderen Belastung
ausgesetzt. «Im Langlauf ist das besonders heftig wegen der Kälte.
Die Bronchien werden enorm belastet», sagt Kastner. Er weist aber
darauf hin, dass nicht jeder Sportler, der Hustenanfälle hat, auch
Asthmatiker ist. «Im normalen Leben haben sie oft keine Probleme.»

Sind asthmatische Probleme im Leistungssport vermeidbar?

«Die Luftwege reagieren auf äußere Reize und die kann man nun mal
beim Leistungssport nicht ausschließen», erklärt Kastner.
Grundsätzlich muss man aber sagen, dass Ausdauersport im Winter nicht
gesundheitsgefährdend ist, im Gegenteil. «Der Hochleistungsbereich
beansprucht die Lunge besonders stark, aber prinzipiell ist
Ausdauersport in der kalten Jahreszeit gesundheitsförderlich und
daher sehr empfehlenswert», sagt der Sportmediziner.

Im deutschen Team fällt besonders Nicole Fessel durch langanhaltende
Hustenanfälle nach den Rennen auf. Ist sie ein spezieller Fall?

Zumindest im deutschen Team ist Fessel die am meisten Betroffene.
Ähnlich erging es früher Axel Teichmann. «Nicole ist sehr anfällig.

Deshalb wird sie besonders behandelt und muss auch selbst sehr auf
sich aufpassen», berichtet Kastner. So muss sie eine besondere
Schleimhautpflege betreiben, was durch Salzwasser-Inhalationen
geschieht. «Für sie ist es auch besonders wichtig, nicht nur die
Muskulatur, sondern auch die Lunge vor Wettkämpfen zu erwärmen und
nach dem Rennen durch zeitnahes Auslaufen ein Auskühlen zu vermeiden,
den Kreislauf oben zu halten und die Lunge langsam wieder an die
Normalität zu gewöhnen», erklärt Kastner die spezielle
Infektvorbeuge.

Wie werden die von asthmatischen Problemen befallenen Sportler
behandelt?

«Es gibt ein Stufenschema, bei dem je nach Schwere klassifiziert wird
und bei dem verschiedene Wirkstoffe zur Anwendung kommen», berichtet
der deutsche Mannschaftsarzt. So wird in einer ersten Stufe
beispielsweise bronchienerweiternde Medizin verabreicht, wie sie bei
asthmatischen Notfällen auch zur Anwendung kommen. Bei regelmäßigen
Beschwerden im Leistungssport werden dann zusätzlich
entzündungshemmende Wirkstoffe, die längerfristig wirken, eingesetzt.
Dort unterscheidet man zusätzlich bei der Dosierung.

Wie ist das mit den Anti-Doping-Bestimmungen vereinbar?

Die Wirkstoffe, die verwendet werden, sind prinzipiell nicht verboten
bei inhalativer Anwendung. «Es gibt teilweise Obergrenzen, die bei
den Urinproben nicht überschritten werden dürfen», sagt Kastner. Wenn

Athleten besonders betroffen sind und über das Normale hinaus hohe
Dosierungen benötigen, müssen diese vorher der
Welt-Anti-Doping-Agentur gemeldet werden. Ist das nicht der Fall und
der Wirkstoffgehalt ist höher als vorgegeben, kommt es zu Verfahren.
Das wurde auch dem zweimaligen norwegischen Tour-de-Ski-Sieger Martin
Johnsrud Sundby zum Verhängnis. 2015 wurde bei ihm zweimal der Wert
überschritten, was zur Aberkennung des Tour-Sieges und nachträglich
zu einer zweimonatigen Sperre führte.

Können asthmahemmende Wirkstoffe leistungssteigernd sein?

«Durch lokale Anwendung im therapeutischen Bereich nein, bei extrem
hoher inhalativer Dosierung können aber leistungssteigernde Wirkungen
nicht ausgeschlossen werden», betont Kastner. Anabole und
stoffwechselanregende Prozesse seien dabei mögliche Wirkrichtungen.