Der Fall Höxter: Eine Chronologie der Gewalt

Höxter (dpa) - Die Fälle von tödlichen Misshandlungen in einem Gehö
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in Höxter haben Entsetzen ausgelöst. Schon vor rund 20 Jahren war der
46 Jahre alte Hauptverdächtige verurteilt worden, weil er eine Frau
gequält hatte. Zurzeit läuft der Mordprozess gegen ihn und seine
Ex-Frau. Eine Chronologie der bislang bekannten Fakten:

1995: Das Amtsgericht Paderborn verurteilt den damals 25-jährigen
Wilfried W. im August zu zwei Jahren und neun Monaten Haft. Der
Grund: Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung. Wie die
«Neue Westfälische» damals berichtete, soll er seine damalige Ehefrau

misshandelt und gequält haben - gemeinsam mit einer Komplizin.

1999: Der gebürtige Bochumer lernt die in Herford geborene, heute
47-jährige Beschuldigte Angelika B. kennen. Sie heiraten nach wenigen
Wochen.

2011: Im Ortsteil Höxter-Bosseborn mietet das Paar einen Hof. Zuvor
wohnten sie im 50 Kilometer entfernten Schlangen in Lippe.

Ende 2011 bis März 2012: Mehr als drei Monate lang soll eine heute
51-Jährige Frau aus Berlin in Höxter misshandelt und gefangen
gehalten worden sein. Später wird sie von den Beschuldigten in einen
Zug nach Hause gesetzt. Sie traut sich erst 2016, bei der Polizei
auszusagen, als sie in Medienberichten das Haus wiedererkannt hat.

2013: Das Paar lässt sich scheiden. Über eine Zeitungsanzeige kommt
eine 33-Jährige aus Niedersachsen nach Bosseborn. Bereits nach kurzer
Zeit heiratet sie Wilfried W., der weiterhin mit seiner Ex-Frau in
dem Haus wohnt. Gemeinsam sollen sie diese Frau, Annika W., gequält
haben, wie aus den Aussagen der festgenommenen Komplizin hervorgeht.

1. August 2014: Die misshandelte Frau stirbt an ihren Verletzungen.
Das Paar soll die Leiche in einer Tiefkühltruhe eingefroren, später
zerstückelt und verbrannt habe. In der Folgezeit schicken die beiden
immer wieder SMS-Nachrichten an die Mutter des Opfers. Die geht
deshalb noch bis Ende April 2016 davon aus, dass ihre Tochter lebt.

Februar 2016: Die 41-jährige Susanne F. aus dem niedersächsischen Bad
Gandersheim reagiert auf eine Zeitungsanzeige und kommt im März in
das Haus. Über mehrere Wochen wird sie festgehalten und misshandelt.

21. April 2016: Mit der schwer verletzten Frau im Auto fährt das
Pärchen in Richtung Bad Gandersheim. Eine Autopanne durchkreuzt den
Plan. Sie entscheiden sich, einen Rettungswagen zu rufen. Das Opfer
stirbt einen Tag später, die Ärzte schalten die Polizei ein.

27. April 2016: Der 46-jährige Tatverdächtige und seine Partnerin
werden vorläufig festgenommen. Das Amtsgericht Höxter erlässt einen
Tag später Haftbefehl wegen Totschlags.

3. Mai 2016: Polizei und Staatsanwaltschaft geben bei einer
Pressekonferenz Details zu den bisher untersuchten Fällen bekannt.
Die Beschuldigte hatte nach Aussage der Ermittler umfassend und
glaubhaft über beide Todesfälle ausgesagt. Der 46-Jährige bestreitet

jede Schuld. Die Polizei sucht nach weiteren Frauen, die in der
Gewalt des Paares in Bosseborn gewesen sein könnten.

11. Mai 2016: Bei der Polizei haben sich mehrere Frauen gemeldet, die
durch das Paar finanziell geschädigt worden sein sollen.

13. Mai 2016: Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigen, dass die
Ermittler auf dem Grundstück über 100 000 Euro und etwa 20
Mobiltelefone gefunden haben, die sowohl Opfern als auch Tätern
zuzuordnen sind.

20. Mai 2016: Leichenspürhunde suchen an einer Landstraße nach
Überresten des ersten Todesopfers Annika W. aus Niedersachsen - ohne
Erfolg.

26. Mai 2016: Die Polizeidirektion Göttingen überprüft Vorwürfe geg
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eine Wache in Uslar in Niedersachsen. Die Beschuldigten sollen dort
im Jahr 2012 mit einem Opfer vorstellig geworden sein. Diese Frau
sollte vor Polizeibeamten eine Erklärung unterschreiben, dass sie
freiwillig in Höxter-Bosseborn war. Die Polizisten ließen sich darauf
nicht ein, auf ein Fehlverhalten gibt es keine Hinweise.

13. Juni 2016: In zwei weiteren Fällen gibt es Vorwürfe wegen
unterlassener Hilfeleistung durch die Polizei. Zweimal sind
Streifenbeamte 2014 in Höxter und Bad Salzuflen zufällig auf die
Angeklagten und die später getötete Annika W. getroffen. Die Beamten
unterhielten sich mit der Frau, schritten aber nicht ein. Laut
Untersuchungsergebnis hatte Annika W. sie nicht um Hilfe gebeten.

7. Juli 2016: Die Spurensuche im Todes-Haus von Höxter ist
abgeschlossen. Ein DNA-Abgleich bestätigt, dass sich beide Todesopfer
in dem Gebäude aufgehalten haben.

21. September 2016: Die Staatsanwaltschaft Paderborn erhebt gegen
Wilfried W. und seine Ex-Frau Angelika W. Anklage wegen Mordes durch
Unterlassen.

26. Oktober 2016: Beginn des Mordprozesses gegen Wilfried W. und
Angelika W..