Therapeuten: Giraffen-Streicheln unterstützt Heilung von Depressionen

Niedliche Äffchen und imposante Elefanten als Therapiebegleiter:
Psychiatriepatienten profitieren Experten zufolge von
Tierparkbesuchen.

Hodenhagen (dpa) - Die Begegnung mit Giraffen, Katta-Äffchen und
anderen Tieren kann depressiv Erkrankten etwas helfen. Zu diesem
Ergebnis kommen Psychotherapeuten der Medizinischen Hochschule
Hannover (MHH) nach mehr als dreijähriger Zusammenarbeit mit dem
niedersächsischen Serengeti-Park Hodenhagen.

Das Stimmungsbild der Betroffenen sei noch drei Wochen nach dem
Besuch in Hodenhagen wesentlich heller, berichtete der Leiter der
MHH-Trauma-Ambulanz, Andreas Feyerabend. Voraussetzung sei jedoch,
dass sich die Patienten bereits in der Stabilisierungsphase befinden.
«In der tiefsten Depression bringt es nichts.»

Seit 2013 fahren Psychiatriepatienten aus Hannover einmal im Monat in
den Serengeti-Park, wo sie Giraffen und Ziegen streicheln, Elefanten
füttern sowie mit Kattas schmusen dürfen. Ihre Stimmung wird vor und
nach dem Parkbesuch ermittelt. Bisher füllten rund 150 Frauen und
Männer diesen Fragebogen aus. Auch Blutuntersuchungen belegten die
positiven Effekte, sagte Feyerabend. Nach der Begegnung mit den
Tieren lasse sich das vertrauensbildende Hormon Oxytocin im Blut der
Patienten nachweisen. Stresshormone wie Adrenalin seien reduziert.

«Hunde können Herzen öffnen», heißt es auch in anderen Einrichtun
gen
wie Kliniken, Heimen und Schulen. Neben den monatlichen Ausflügen in
den Park in der Südheide besuchen Psychiatriepatienten regelmäßig den

Zoo Hannover. Auf der Traumastation fungiert zudem Therapiehund Nepi
als Brückenbauer. «Der kleine Chihuahua weckt Beschützerinstinkte»,

berichtete Feyerabend. In einer Tübinger Psychiatrie gehören neben
Chihuahuas auch zwei Labradoodles zu den Therapiebegleitern.
Fachleute sehen Vorteile vor allem für Menschen mit Autismus,
geistiger Behinderung oder Demenz, aber auch für Traumapatienten.

Der Chef der Trauma-Ambulanz kritisierte jedoch, dass Krankenkassen
die Kosten für solche Aktivitäten nicht übernehmen. In der MHH werden

die tierischen Begegnungen aus dem Klinikbudget und mit Hilfe der
Fritz-Behrens-Stiftung finanziert.

«Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen die Kosten für tiergestützte

Therapie gar nicht übernehmen, weil ihr medizinischer Nutzen
wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist», sagte Manuela Pohl,
Sprecherin des Verbandes der Ersatzkassen in Berlin. Lediglich ein
Assistenzhund könne wie ein Hilfsmittel auf Rezept verschrieben
werden.

«Eine wissenschaftliche Begleitung der tiergestützten Praxis wäre
wünschenswert», sagte Carola Otterstedt von der Stiftung Bündnis
Mensch & Tier. Unter anderem sei die Begleitung von
Demenz-Betroffenen sehr erfolgreich. «Leider haben wir in
deutschsprachigen Ländern keinen Lehrstuhl, der sich des Themas
annimmt und qualifizierte Forschungsarbeit fördern könnte.»

Otterstedt fände es auch gut, wenn etwa eine TV-Doku-Serie die
Vielfalt von qualitativ guten, tiergestützten Einsätzen zeigen
könnte: «Tiergestützte Intervention ist kein Allheilmittel, aber eine

wichtige Option in der Begleitung von Menschen.»