ExoMars: Warum Russland und Europa gemeinsam das Weltall erforschen Von Thomas Körbel und Wolfgang Jung, dpa

Gut sieben Monate nach dem Start vom Weltraumbahnhof Baikonur soll
die europäisch-russische Mission ExoMars an diesem Mittwoch den Roten
Planeten erreichen. Das Projekt könnte die Frage beantworten, ob es
auf dem Mars einmal Leben gab - oder noch gibt.

Moskau (dpa) - Nach der Kometenmission «Rosetta» will die europäische

Raumfahrt mit einer Mars-Landung den nächsten Erfolg verbuchen. Das
unbemannte ExoMars-Projekt besteht aus dem Forschungssatelliten
«Trace Gas Orbiter» (TGO) und dem Testlandemodul «Schiaparelli».
Während TGO in eine Umlaufbahn einschwenkt, soll «Schiaparelli» an
diesem Mittwoch auf dem Mars landen. Fragen und Antworten zur
Mission:

Warum ist ExoMars wichtig?

Neben der Hoffnung auf Hinweise von Leben sehen Forscher großes
technisches Entwicklungspotenzial, sollte die erste Marslandung der
Europäischen Raumfahrtagentur (Esa) und ihres russischen Pendants
Roskosmos gelingen. Wenn die Analysen auf der Oberfläche Erfolg
hätten, sei das ein «Quantensprung für eine Agentur, die bislang vor

allem Satelliten gebaut hat», meint Esa-Experte Jorge Vago. ExoMars
gilt auch als Beispiel dafür, dass Kooperation von Ost und West trotz
politischer Krisen möglich ist.

Wie soll die Landung des Testmoduls «Schiaparelli» ablaufen?

Die computergesteuerte Landesequenz von «Schiaparelli» beginnt 121
Kilometer über dem Marsboden. Zunächst muss die Geschwindigkeit von
21 000 Stundenkilometern (km/h) rasch gedrosselt werden. «Wir bremsen
durch die Reibung mit der Atmosphäre», erklärt Esa-Experte Jorge
Vago. Nach gut drei Minuten geht bei einer Restgeschwindigkeit von
1700 km/h und 11 Kilometern Höhe ein großer Fallschirm auf. 1000
Meter über dem Boden löst sich «Schiaparelli» vom Schirm und schalt
et
vorübergehend seine Bremstriebwerke an. Eine Art Airbag soll auf den
letzten zwei Metern im freien Fall den Aufschlag abfedern. Geplant
ist die Landung im Marshochland Meridiani Planum nahe des Äquators.

Wird es Fotos von der Landung geben?

Eine wissenschaftliche Kamera wie bei anderen Forschungssonden hat
ExoMars nicht an Bord. Panoramabilder aus dem All wird es diesmal
also nicht geben. Aber eine Art Webcam an der Unterseite des Moduls
soll 15 Schwarz-Weiß-Fotos der Marsoberfläche schießen - das erste in

drei Kilometern Höhe, die weiteren Bilder in Intervallen von 1,5
Sekunden. Zudem will ein US-Forschungsteam die Kameras des Rovers
«Opportunity», der derzeit über den Mars fährt, nach oben richten,
um
«Schiaparelli» und den Fallschirm zu filmen. «Wir erwarten aber keine

sensationelle Aufnahmen», sagt Roskosmos-Chef Igor Komarow.

Wie groß sind die Chancen, Leben auf dem Mars zu finden?

Eine Erfolgsgarantie könne es nicht geben, sagt Oleg Orlow vom
Institut für biomedizinische Probleme in Moskau. «Aber vor ein paar
Millionen Jahren waren die Verhältnisse auf dem Mars besser. Wir
finden jetzt vielleicht kein Leben - aber wenn wir entdecken würden,
dass es dort Leben gab, wäre das bereits eine Sensation», sagt der
Forscher. Salzwasser sei auf dem Mars schon nachgewiesen worden. «Der
Mensch würde auf der Oberfläche nach 14 Tagen an der Strahlung
sterben. Hingegen haben Experimente gezeigt, dass bestimmte
Organismen dort mehr als 60 000 Jahre überstehen können», sagt Orlow.


Was passiert mit dem Mutterschiff «Trace Gas Orbiter» (TGO)?

Nach der erfolgreichen Trennung von TGO und Testlandemodul am
vergangenen Sonntag schwenkt der Forschungssatellit in einen
sogenannten Parkplatz-Orbit ein. Die ersten vier Monate soll TGO in
einer elliptischen Bahn auf bis zu 100 000 Kilometern Höhe um den
Mars kreisen. Ab Januar ist ein etwa einjähriges Bremsmanöver
geplant, das ihn auf seine Zielumlaufbahn von 400 Kilometern über dem
Boden bringen soll. Ende 2017 soll die Forschung beginnen. Die
Landung von «Schiaparelli» auf dem Roten Planeten soll TGO aber schon
beobachten.

Was mussten die Forscher vor dem Start besonders beachten?

Um der Mission nicht von vornherein den Sinn zu nehmen, wurde das
Landemodul auf der Erde keimfrei zusammengebaut - damit keine
Bakterien daran haften. «Niemand will aufwendig Sonden zum Mars
schicken, um organische Verbindungen zu finden, die vorher jemand
dort hingeschleppt hat», sagt der Wissenschaftler Igor Mitrofanow.
Allein schon der Flug zum Mars sei wegen starker Strahlung und großer
Temperaturschwankungen für die Messgeräte ein erhebliches Risiko.