WHO: Tuberkulose stärker bekämpfen - Rate geht leicht zurück

In Deutschland ist die Tuberkulose selten geworden - trotz eines
Anstiegs durch Menschen, die aus Ländern mit schlechter
Gesundheitsversorgung einreisten. Viel drastischer ist die Situation
in manchen Ländern Afrikas, Asiens und Osteuropas.

Washington (dpa) - Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert
stärkere Anstrengungen im Kampf gegen Tuberkulose. Das Gesamtausmaß
der Epidemie sei einer verbesserten Erhebung zufolge größer als
bislang gedacht. Das ist ein zentrales Ergebnis des aktuellen
Tuberkulose-Reports 2016, den die WHO am Donnerstag in Washington und
Genf vorstellte. Die Erkrankungsraten gehen nach jüngsten Daten zwar
zurück, aber nur ganz langsam. Dem Bericht liegen Daten aus 202
Ländern und Regionen zugrunde.

Etwa 10,4 Millionen Menschen erkrankten 2015 demnach weltweit an
Tuberkulose. 2014 hatte die WHO die Gesamtzahl noch auf 9,6 Millionen
geschätzt. Vor allem in Indien waren jedoch nicht alle Fälle erhoben
und gemeldet worden.

2015 starben schätzungsweise 1,8 Millionen Menschen an TB, 400 000
davon waren auch HIV-infiziert. Obwohl die Zahl der Todesopfer seit
der Jahrtausendwende um 22 Prozent zurückging, zählt die
Infektionskrankheit immer noch zu den zehn häufigsten Todesursachen
auf der Welt.

Die Hilfsorganisation «Ärzte ohne Grenzen» nannte die Zahlen
schockierend. «Den betroffenen Ländern gelingt es nicht, Millionen
Menschen mit Tb zu diagnostizieren und zu behandeln», kritisierte
Greg Elder, Koordinator der Medizinkampagne von «Ärzte ohne Grenzen».

«Es muss einen massiven Anstieg der Bemühungen geben, oder Staaten
werden weiterhin der tödlichen Erkrankung hinterherlaufen», sagte WHO
Generaldirektorin Margret Chan.

Indien, aber auch Indonesien, China, Nigeria, Pakistan und Südafrika
machten 2015 insgesamt 60 Prozent aller Neuerkrankungen aus. «Der
weltweite Fortschritt hängt vor allem von der Weiterentwicklung der
Behandlung und Vorsorge der Tuberkulose in diesen Ländern ab»,
schreibt die WHO.

Mehr als die Hälfte der neuen TB-Fälle betrafen Männer (5,9 Mio), ein

Drittel Frauen (3,5 Mio) und ein Zehntel Kinder (1 Mio). Rund 1,2
Millionen Neuerkrankte waren zugleich HIV-positiv, das Gros von ihnen
aus Afrika.

Die WHO schätzt, dass fast 600 000 der Erkrankten Resistenzen gegen
den gängigen Antibiotika-Mix entwickelt haben, mit denen die durch
Mykobakterien hervorgerufene Tuberkulose normalerweise therapiert
wird. Deshalb müssen in diesen Fällen - fast die Hälfte von ihnen
stammt aus Indien, China und der Russischen Föderation -
Notfall-Antibiotika zum Einsatz kommen.

Die Erkrankungsrate sank dem Report zufolge von 2014 auf 2015 um 1,5
Prozent. Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu
verwirklichen, müsse bis 2020 jedoch ein Rückgang von 4 bis 5 Prozent
pro Jahr erreicht werden, hieß es. Diese Ziele sehen vor, bis 2030
die Zahl der Todesfälle durch TB um 90 Prozent, die der
Neuerkrankungen um 80 Prozent im Vergleich zu 2015 zu reduzieren.