Patientenschützer: Alte Menschen bekommen zu viele Medikamente

Ältere, chronisch und mehrfach erkrankte Menschen kommen häufig mit
der Vielzahl ihrer Medikamente nicht zurecht. Dies kann zu einem
üblen Cocktail führen - mit tödlichem Ausgang.

Berlin (dpa) - Jeder vierte über 65-Jährige in Deutschland schluckt
nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz zu viele
Medikamente. «Und das Risiko verdoppelt sich mit der
Pflegebedürftigkeit. Bei den 764 000 Pflegeheimbewohnern gehört der
schädliche Medikamentencocktail zum Alltag», sagte Stiftungsvorstand
Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur.

Vom diesem Samstag an (1. Oktober) hat jeder gesetzlich versicherte
Patient, der drei oder mehr Arzneimittel einnehmen muss, Anspruch auf
einen Medikationsplan durch einen Arzt oder Apotheker hat. Darin
werden alle seine Arzneimittel mit Dosierungs- und Einnahmehinweisen
übersichtlich und verständlich dokumentiert.

Brysch sagte weiter: «Fünf Medikamente gleichzeitig eingenommen,
hilft oft nicht, sondern macht krank.» Ein Cocktail mit mehreren
Medikamenten könne sogar giftig wirken und zum Tode führen. Laut
Gesundheitsministerium sind schätzungsweise rund 250 000
Klinikeinweisungen jährlich auf vermeidbare Medikationsfehler
zurückzuführen.

Minister Hermann Gröhe (CDU) müsse kontrollieren, ob der
Medikationsplan in der Praxis auch tatsächlich Wirkung zeige, sagte
Brysch. Bleibt die Übermedikation der über 65-Jährigen unverändert

hoch, dann müssen die 170 Millionen Euro jährlich den Ärzten wieder
gestrichen werden.

Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans sollen durch den
Arzt erfolgen, der den Patienten schwerpunktmäßig betreut. Das sind
in der Regel Hausärzte. Bei Patienten, die keinen Hausarzt haben,
muss diese Planung der Facharzt übernehmen. Apotheker sind den
Angaben zufolge von Anfang an miteinbezogen und verpflichtet, den
Plan auf Wunsch des Patienten zu aktualisieren, wenn sich die
Medikation ändert.

Zunächst wird der Medikationsplan auf Papier ausgestellt. Von 2018 an
soll er zusätzlich auch auf der elektronischen Gesundheitskarte
gespeichert werden. Nach Angaben des Spitzenverbandes der
Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bekommen Ärzte für das
Erstellen der Medikationspläne nächstes Jahr gut 160 Millionen Euro
zusätzliches Honorar.