Reaktionen zum Entwurf der Spitzensport-Reform

Siegfried Kaidel (Sprecher der olympischen und nichtolympischen
Spitzenverbände beim DOSB und Vorsitzender des Deutschen
Ruderverbandes): «Es ist gut, dass dieses Diskussionspapier endlich
draußen ist. Nun können sich die Verbände damit auseinandersetzen. Es

gibt gute Ansätze, über das ein oder andere muss man diskutieren.
Jetzt kommt der Feinschliff. Aber dass man was tun muss, darüber sind
sich alle Spitzenverbände einig. Es kann nicht so weiter gehen. Jeder
wird sich umstellen müssen, aber so ist das bei einem Neubeginn. Das
BMI hat die Zeichen der Zeit erkannt, dass mehr Geld in den Sport
muss, wenn wir uns besser aufstellen wollen.»

Rainer Brechtken (Präsident Deutscher Turner-Bund): «Ich erwarte
aber, dass es weiterhin für alle Verbände eine Grundförderung gibt,
damit jeder eine Chance hat, sein Potenzial zu entwickeln.
Voraussetzung ist in jedem Fall eine absolute Professionalisierung
der Arbeit der Verbände. Nur über Dialog und Absprache sollten die
Entscheidungen über die künftige Förderung getroffen werden. Wir
dürfen nicht von Computermodellen bei der Einstufung der Förderung
erschlagen werden. Eine Straffung der Organisation heißt doch nicht
gleich Verschlechterung der Bedingungen. Das Geld muss effektiv
eingesetzt werden. Klare Strukturen sind dem deutschen Sport
dienlich.»

Franz Steinle (Präsident des Deutschen Skiverbandes):
«Als Spitzenfachverband, der sich weitestgehend aus Eigenmitteln
finanziert, haben wir bereits vor vielen Jahren an den entsprechenden
Stellschrauben wie «Zentralisierung» und «Konzentrierung» gedreht,
um
die uns zur Verfügung stehenden Gelder und Infrastrukturen effizient
und erfolgsversprechend einzusetzen. Von daher tragen wir die
konzeptionellen Ausrichtung des DOSB grundsätzlich mit. Allerdings
haben wir in der Vergangenheit auch immer wieder die Erfahrungen
gemacht, dass es unter gewissen Umständen sinnvoll und notwendig ist,
für die eine oder andere Disziplin oder bestimmte Teilbereiche
flexible Lösungen zu schaffen, um in möglichst vielen Sportarten
erfolgreich arbeiten zu können.»

Frank Mantek (Sportdirektor des Bundesverbandes Deutscher
Gewichtheber): «Es geht für die Verbände darum, mit Blick auf die
Olympischen Spiele 2020 in Tokio Potenziale nachzuweisen. Und diese
Potenziale haben wir. Deswegen gehe ich davon aus, dass wir weiter
vom DOSB und BMI gefördert werden»

Heino Knuf (Sportdirektor des Deutschen Hockey-Bundes): «Eine
Leistungssport-Reform ist notwendig, und sie hat ein gutes Ergebnis
gebracht. Wir begrüßen es, dass man bei der Spitzensport-Reform nicht
allein vom Erfolg abhängig ist. Gefragt sind vor allem Strukturen und
Potenziale, genau da haben wir unsere Stärken. Und wenn man diese
beiden Punkte erfüllt, kommt in der Regel wie beim Hockey auch der
Erfolg hinzu.»

Eric Frenzel (Olympiasieger Nordische Kombination): «Es kann auf
jeden Fall ein guter Ansatz sein. Das ist ein guter Weg, den man mal
einschlagen sollte. Das ganze System wird sicher immer irgendwie auf
dem Prüfstand stehen. Somit haben schon Nachwuchssportler die
Möglichkeit, eine gute Förderung zu bekommen und in Zukunft schon
eher Medaillen sammeln zu können.»

Denis Kudla (Olympia-Dritter Ringen): «Den Gedanken finde ich
ziemlich gut. Ich finde es gut, die Sportler, die Medaillen holen,
auch in Zukunft weiter zu fördern und dass die, die keine Leistung
bringen, halt weniger gefördert werden. Dann denken die Sportler, die
nicht mehr in der Förderung sind, dass sie noch härter trainieren
müssen, um wieder da rein zu kommen. Ich finde es einen Ansporn für
die Sportler, noch mehr Gas zu geben. Ich hoffe, dass ich mir mit
meiner Medaille einen Platz in dieser Förderung gesichert habe.»

Franziska Weber (zweimalige Olympia-Zweite Kanu): «Der Reform stehe
ich mit gemischten Gefühlen gegenüber. Ich weiß nicht, wie eine
Software das Potenzial oder die Entwicklung eines Sportlers errechnen
möchte. Es spielt viel mehr rein, es ist am Ende doch das
Zusammenspiel zwischen Athleten und Trainer und dem Umfeld und nicht
was eine Software berechnet. So geht einem natürlich eine Anzahl von
Athleten durch die Lappen. Das Potenzial eines Athleten sieht man
einem manchmal auch gar nicht an. In unserem Sport gibt es Leute, die
bis zum Junior-Alter hinterher paddeln und die können dann trotzdem
später einen extremen Leistungssprung machen.»

Max Hoff (Olympiasieger Kanu): «Ich glaube, ich wäre als Athlet in
dem System definitiv durchgefallen. Man darf junge Athleten nicht zu
früh abschreiben»

Patrick Hausding (Olympia-Dritter Wasserspringen): «Im Wasserspringen
gibt es viele Sportler, die im Jugendalter gar nicht gut waren und
dann später leistungsmäßig explodiert sind. Da kann mir dann keiner
erklären, wie das System bei uns funktionieren soll.»

Franziska van Almsick (Ex-Weltmeisterin Schwimmen): «Der große
Schritt ist wahrscheinlich damit gemacht, aber das wird für die
Zukunft nicht der letzte Schritt sein. Ich würde mir wünschen, dass
die Reform emotionaler, näher, greifbarer ist. Ich hoffe, dass sie
eine Nachhaltigkeit hat. Es ist wichtig, dass die besten Athleten
miteinander trainieren und voneinander profitieren können. Man muss
die Konkurrenz im eigenen Land schlagen und sich ihr jeden Tag
stellen. Wer den Druck im eigenen Land nicht aushält, der hält den
auch bei den Olympischen Spiele nicht aus.»

Stefanie Teeuwen (seit 1. September Präsidentin der Deutschen
Eisschnelllauf-Gemeinschaft): «Wir finden gut, dass man
Leistungssportpotenziale fördert. Und dann ist die Umsetzung
entscheidend.»

Lutz Buschkow (Leistungssportdirektor im Deutschen Schwimm-Verband):
«Wir haben einen hohen Handlungsdruck. Es sind so viele Variablen,
dass die Spitzenverbände es unheimlich schwer haben, den Spitzensport
am Laufen zu halten. Der Leistungssport geht aber weiter. Momentan
sieht es so aus, dass die Länder bezahlen und der Bund eher den
i-Punkt.»

Fritz Sörgel (Anti-Doping-Experte): «Diese Ausrichtung ist ehrlich
und vernichtend zugleich. Die Politik und der DOSB sagen endlich, um
was es geht. Mit dem Modell wird der Hochleistungssport zum
Medaillensport. Wer sagt eigentlich, dass Medaillen für unser Land
wichtig sind? Boris Becker oder Michael Schumacher haben unserem Land
mehr Aufmerksamkeit gebracht als zig Medaillengewinner. Ich finde das
schade, und es tut mir für die Medaillengewinner leid. Aber es ist
so. Das zeigt doch, wie unsinnig die Jagd auf Medaillen von Seiten
der Politik ist.»