«Glück» aus dem Supermarktregal: Markennamen voller Emotionen boomen Von Erich Reimann und Roland Losch, dpa

Der neue Badezusatz im Supermarkt heißt heute nicht mehr
«Rückenwohl», sondern «Alles wird gut» oder «Wunschlos glückl
ich».
Viele glauben das im Namen enthaltenen Versprechen zwar vielleicht
nicht. Aber dann greifen sie trotzdem zu.

Düsseldorf (dpa) - «Glück», «Heiße Liebe» oder «Gute Laune
»: All das
ist oft nur einen Handgriff entfernt. Zumindest wenn man vor den
Regalen eines Drogeriemarktes oder eines großen Supermarktes steht.
Denn immer mehr Badezusätze, Duschgels oder Teesorten tragen Namen,
die wie ein Versprechen auf ein glücklicheres Leben klingen.

Vorbei sind die Zeiten, in denen Badekristalle «Muskelwohl» oder
«Rückenwohl» getauft wurden und vor allem praktische Hilfe bei
körperlichen Wehwehchen in Aussicht stellten. Heute versprechen die
Badezusätze lieber gleich Hilfe für die gequälte Seele des
Konsumenten: «Alles wird gut», «Sorgenlos» oder «Wunschlos gl
ücklich»
heißen etwa aktuelle Badeessenzen aus dem Hause Kneipp.

Und das Würzburger Unternehmen ist nicht allein mit dem Trend zu
blumigen Namen. Konkurrent Tetesept hat ein Schaumbad mit dem Namen
«Glück» auf den Markt gebracht und ein Badesalz, dass «eine Portion

Liebe» verspricht. Die dm-Eigenmarke Balea stellt «Tiefe Entspannung»

in Aussicht. Auch der Teebeutel-Hersteller Teekanne verkauft nicht
mehr nur Darjeeling oder Rooibos-Tee sondern «Innere Ruhe» oder
«Heiße Liebe».

«Die Hersteller versuchen, damit an die Emotionen der Menschen zu
heranzukommen. Denn es wird für sie bei vielen Produkten immer
schwieriger, sich über die Produkteigenschaften ein unverwechselbares
Profil zu geben», erklärt der Marketingexperte Martin Fassnacht von
der Wirtschaftshochschule WHU den Trend zur offensiven Namensgebung.

Ist das Betrug am Kunden? Der Werbepsychologe Joost van Treeck von
der Hamburger Hochschule Fresenius hält solche Vorwürfe für
übertrieben. «Die Leute sagen immer schnell, die böse Werbung gaukelt

uns etwas vor. Aber mal ehrlich, wir wünschen uns doch auch diesen
Zauber», meint er. «Man kauft ein bisschen das gute Gefühl.» Auße
rdem
könne es durch den Wunsch, dass ein Mittel wirke, auch tatsächlich
Placebo-Effekte geben.

Manchmal gebe es außerdem gute Gründe für die provokative Namenswahl

fügt der Experte dann noch hinzu. «In den 60er- und 70er Jahren
wusste die Hausfrau noch, dass Johanniskraut beruhigt und Hibiskustee
gut gegen Blasenentzündung ist. Dieses Wissen ist ein bisschen
verloren gegangen. Heute müssen die Namen deshalb viel plakativer
sein.»

Auch der bekannte deutsche Namenserfinder Manfred Gotta bricht eine
Lanze für originelle Namen. «Was wäre die Welt ohne Poesie und die
versuchten Liebesbezeugungen der Werbung.»

Professor Florian Becker von der Wirtschaftspsychologischen
Gesellschaft in München drängt sich allerdings noch eine ganz andere
Frage auf, wenn so massiv mit Emotionen geworben wird: «Will ich
einem einsamen oder traurigen Menschen wirklich Konsum als Lösung
anbieten?» Studien wiesen zwar darauf hin, dass der Konsum von
geliebten Marken tatsächlich gegen negative Emotionen wirke. Doch
habe die Sache einen Haken: «Man muss sehr schnell nachkaufen, denn
der Effekt ist nur kurzlebig.»

Nicht einig sind sich die Experten, ob der Trend zu hochemotionalen
Namen für alltägliche Produkte von Dauer sein wird. Namenserfinder
Gotta glaubt das nicht: «Ein Kondom kann mit einem «Rausch der Sinne»

neu belebt werden, aber auch ein Wein, auch ein Duschgel und und
und.» Die Produktbeschreibungen seien letztlich zu austauschbar und
zu beliebig.

Marketingexperte Fassnacht ist dagegen überzeugt: «Das ist keine
vorübergehende Mode. Das wird nicht wieder verschwinden.» Denn
auffällige Namen seien eine gute und gleichzeitig günstige
Möglichkeit, sich von den Wettbewerbern abzuheben.

Bis diese Frage geklärt ist, gibt es für Konsumenten, denen bei
soviel Gefühl im Regal schwindelig wird, auch Produkte die Mut zum
Durchhalten machen, etwa die Badesalze «Halt die Ohren steif» oder

«Immer cool bleiben».