Tatort Klinik: Diebe machen mit Medizintechnik reiche Beute Von Carolin Eckenfels, dpa

Immer wieder werden teure Endoskope aus Krankenhäusern gestohlen. Wer
die Täter und Abnehmer sind, ist meist unklar. In einem Fall
allerdings gibt es konkrete Hinweise.

Frankfurt/Main (dpa) - Unerkannt steigen Diebe in die Abteilung eines
hessischen Krankenhauses ein, wo sie reiche Beute vermuten. Sie
finden auch, wonach sie suchen, und stehlen Endoskope im Wert von
mehr als 300 000 Euro. Nicht nur die Klinik in Dillenburg ist so zum
Tatort geworden - eine Serie von Diebstählen dieser Art betrifft
bundesweit zahlreiche Krankenhäuser.

«Es wird praktisch auf Bestellung gestohlen», sagt der Dillenburger
Polizeisprecher Guido Rehr. «Wir gehen davon aus, dass organisierte
Banden gezielt Kliniken und Arztpraxen aufsuchen und nach
Vorbestellung die medizinischen Geräte mitnehmen.»

Seit Februar 2014 seien bundesweit mehr als 50 Fälle bekannt
geworden, erzählt Ralf Britz, der stellvertretende Leiter der
Schadensabteilung beim Krankenhaus-Versicherungsmakler Ecclesia. Das
Unternehmen betreut nach eigenen Angaben Kliniken in ganz Deutschland
und ist auch bei Schadensfällen involviert.

Bei den meisten der bislang 56 registrierten Diebstähle hätten es die
Täter auf Endoskopiegeräte abgesehen, insbesondere auf deren Köpfe.
Endoskope werden beispielsweise bei der Untersuchung innerer Organe
eingesetzt. «Ein solcher Kopf kostet zwischen 10 000 und 160 000
Euro.» Die Geräte sind nicht nur teuer - sie können auch leicht auf
Produkte anderer Hersteller montiert werden. Auch das könnte ihre
Beliebtheit als Beute erklären. Den bislang angerichteten Schaden
schätzt Britz auf 11,5 Millionen Euro.

In der Dillenburger Klinik verschwanden Ende Juli insgesamt 18
medizinische Geräte - auch hier größtenteils Endoskope. Der Schaden:

rund 370 000 Euro. Um an die Technik heranzukommen, brachen die Täter
die Tür zur Endoskopie-Abteilung auf. Wichtige Operationen hätten
wegen des Diebstahls zwar nicht verschoben werden müssen, berichtet
Kliniksprecherin Stefanie Mohr. «Ebenso konnten Notfallpatienten und
stationäre Patienten behandelt werden. Wir mussten jedoch Termine für
geplante endoskopische Untersuchungen kurzfristig absagen.»

Der Schwerpunkt der Taten liegt in Nordrhein-Westfalen. Dort schlugen
die Diebe in den vergangenen Monaten unter anderem in
Bergisch-Gladbach, Bad Berleburg, Gelsenkirchen, Hagen, Düsseldorf
und zweimal in Recklinghausen zu. Die Staatsanwaltschaft Bochum
ermittelt in den Recklinghausener Fällen - hat aber keine
«vernünftigen Spuren», wie Sprecher Christian Kuhnert sagt. Klar sei:

«Es ist sicherlich eine Form der organisierten Kriminalität.» Der
Diebstahl solcher Spezialgeräte mache nur Sinn, wenn die Absatzwege
klar seien. Die Ermittler tappen allerdings meist noch im Dunkeln,
wer die Auftraggeber und Abnehmer sind.

In Frankfurt am Main konnten immerhin vor einiger Zeit Täter gefasst
und zu Haftstrafen verurteilt werden. So gerieten auch einige
Hintergründe ans Licht: Das Trio aus Kolumbien hatte in zwei
Krankenhäusern der Mainmetropole Endoskope im Wert von 90 000 Euro
gestohlen, die den Ermittlungen zufolge von Betreibern sogenannter
Hinterhofkliniken in dem südamerikanischen Land bestellt worden
waren.

Die Krankenhäuser müssen nun über mehr Diebstahlschutz nachdenken,
wobei dieser in den Kliniken nicht ganz einfach ist: Man könne sie
wegen des Publikumsverkehrs durch Patienten und Besucher nicht
komplett abschotten, wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft dazu
mitteilt. Die Kliniken sicherten natürlich ihre schützenswerten
Bereiche, doch «Krankenhäuser sind, wie alle anderen Bereiche auch,
nicht vor Dieben geschützt». Also wird auf Prävention gesetzt.
Mitarbeiter sollen für das Problem sensibilisiert werden und die
Krankenhäuser nach Möglichkeit neue Technik wie Kameras,
Bewegungsmelder oder Alarmanlagen installieren.