Die gesetzliche Krankenversicherung im Überblick

Grundsätzliches zu Leistungen, Beiträgen und Kassenwahl

Keine Krankenversicherung? Das soll es in Deutschland nicht geben. Die Versicherungspflicht ist ein zentraler Grundsatz in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Für die Berechnung der Krankenkassen-Beiträge gilt Solidaritätsprinzip: Wer viel verdient zahlt mehr, wer weniger verdient weniger. 

Gesetzliche Krankenversicherung bietet freie Arztwahl und medizinische Versorgung mit hohem Qualitätsstandard. Krankenversicherungsschutz genießen alle Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie deren Ehepartner und Kinder, wenn sie kein eigenes Einkommen haben. Die 1883 eingeführte Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat über 58,2 Millionen Mitglieder. Einschließlich der 16,2 Millionen mitversicherten Familienangehörigen sind es mehr als 74,4 Millionen.

Bei den Gesundheitskosten nimmt Deutschland mit einem Ausgabenvolumen von über rund 500 Milliarden Euro einen internationalen Spitzenplatz ein. Das sind über 5000 Euro pro Kopf oder 13 Prozent des Bruttoinlandprodukt im Jahr 2022 . Größter Ausgabenträger ist die gesetzliche Krankenversicherung mit über 299,9 Milliarden Euro.

Krankenkassen sind die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sie sind finanziell und organisatorisch selbständig, unterliegen jedoch staatlicher Aufsicht. Die gesetzlichen Krankenkassen sind Körperschaften öffentlichen Rechts und damit Teil der mittelbaren Staatsverwaltung. Im Gegensatz zu den Versicherungsgesellschaften der privaten Krankenversicherung (PKV) dürfen gesetzliche Krankenkassen keine Gewinne und keine Schulden machen. Sie finanzieren sich über die Beiträge ihrer Mitglieder.

Solidargemeinschaft
Wie viel ein Versicherter beiträgt, richtet sich nicht nach Alter und nicht nach individuellem Krankheitsrisiko. Es hängt einzig und allein von seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ab. Es gilt: Hohes Einkommen, hohe Beiträge - niedriges Einkommen, niedrige Beiträge. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind dabei für alle gleich. Im Gegensatz zur privaten darf die gesetzliche Krankenversicherung niemandem den Beitritt verwehren.

Krankenversicherungsschutz genießen alle Pflichtversicherten und freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie im Rahmen der beitragsfreien Mitversicherung (Familienversicherung) auch deren Ehepartner und Kinder.

Versicherungspflicht
Grundsätzlich ist jeder Arbeitnehmer versicherungspflichtig und muss einer gesetzlichen Krankenkasse beitreten. Ausnahme: Wer über 5775,00  pro Monat verdient, kann sich auch privat versichern. Wer höchstens 538,01  Euro pro Monat wird nicht versicherungsplichtig. Darüber hinaus sind weitere Personengruppen versicherungspflichtig. Hierzu zählen

  • Bezieher von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II,
  • land- und forstwirtschaftliche Unternehmer und ihre mitarbeitenden Familienangehörigen,
  • Künstler und Publizisten,
  • Jugendliche in besonderen Einrichtungen,
  • behinderte Menschen,
  • Studenten bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters und grundsätzlich längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres,
  • Rentner und Rentenantragsteller.

Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung wird nicht durch einen zivilrechtlichen Vertrag begründet. Sie steht dem Arbeitnehmer, dessen Gehalt unter der Versicherungspflichtgrenze liegt, gesetzlich zu. Er muss keinen Aufnahmeantrag stellen, sondern meldet sich an. Wer nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig wird, kann der GKV in der Regel nicht mehr beitreten.

Alle Einwohner ohne Absicherung im Krankheitsfall, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung haben und die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, werden in die Versicherungspflicht in der GKV einbezogen. Dies betrifft auch Auslandsrückkehrer, die früher in Deutschland zuletzt gesetzlich versichert waren. Des Weiteren besteht die Versicherungspflicht in der GKV für Personen, die bisher weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und die dem Bereich der GKV zuzuordnen sind, weil sie zum Beispiel als Arbeitnehmer tätig waren.

Damit mit niemand ohne Krankenversicherungsschutz dastehen kann, gilt eine "Obligatorische Anschlussversicherung" (OAV). Das bedeutet: Eine gesetzliche Krankenversicherung darf keine Mitgliedschaft beenden – auch dann nicht, wenn Beiträge nicht gezahlt werden oder der Versicherte sich nicht meldet.

Wer mit seiner Krankenkasse unzufrieden ist, kann als Pflichtversicherter problemlos mit einer Kündigungsfrist von 2 Monaten wechseln. Man meldet sich einfach bei einer neuen Krankenkasse an. Die neue Krankenkasse übernimmt auch die Kündigung der alten Krankenkasse. Dem neuen Versicherer muss man in jedem Fall 12 Monate treu bleiben. Erhöht die Krankenkasse den Beitragssatz entfällt diese Frist.

Die Beiträge
Jeder Arbeitnehmer schuldet der gesetzlichen Krankenversicherung einen bestimmten Prozentsatz seines Arbeitseinkommens. Das ist bei freiwillig versicherten Selbstständigen anders: Bei ihnen wird das gesamte Einkommen als Bemessungsgrundlage herangezogen. Wer mit seiner selbstständigen Beschäftigung wenig verdient, zahlt deshalb unter Umständen weniger als in der privaten Krankenversicherung. Allerdings gibt es einen Mindestbeitrag, der nicht unterschritten werden darf. Ein besonderes Plus der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Familienversicherung. Ehepartner ohne eigenes Einkommen und Kinder sind ohne Zuschlag automatisch mitversichert.

Wer ein Einkommen oberhalb von  5775,00 pro Monat  erhält, wird nicht sofort ausgeschlossen, er kann freiwillig versichert bleiben. Das gleiche gilt für Arbeitnehmer, die sich selbständig machen. Wichtig ist dabei: Wer freiwillig Mitglied bleiben möchte, muss dies innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Versicherungspflicht seiner gesetzlichen Krankenversicherung mitteilen, sonst verliert er seinen Anspruch auf Mitgliedschaft.

Beitragsfreie Familienversichrung
Die beitragsfreie Mitversicherung (Familienversicherung) ist ein Herzstück der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Beitragsfrei mitversichert sind der Ehegatte oder der gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartner und die Kinder eines Mitglieds. Voraussetzung für die Versicherung der Familienangehörigen ist jedoch, dass sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und nicht anderweitig versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind.

Wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist oder versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht auf Antrag befreit ist, kann nicht beitragsfrei mitversichert werden. Dies gilt auch für Ehepartner und Lebenspartner während des Mutterschutzes beziehungsweise der Elternzeit, wenn vorher keine gesetzliche Krankenversicherung bestanden hat.

Kinder sind grundsätzlich bis zum 18. Lebensjahr beitragsfrei mitversichert. Wenn Kinder nicht erwerbstätig sind, endet für sie die Familienversicherung mit der Vollendung des 23. Lebensjahres. Sie endet mit Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sich das Kind in Schul- oder Berufsausbildung befindet oder ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr leistet. Wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht (Wehr- oder Zivildienst) des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung über das 25. Lebensjahr hinaus für den entsprechenden Zeitraum.

Ohne Altersgrenze sind Kinder mitversichert, wenn sie infolge körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung ist, dass die Behinderung bereits zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem eine Familienversicherung bestanden hat.

Kinder sind nicht beitragsfrei versichert, wenn nur ein Elternteil Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, der andere mit den Kindern verwandte Elternteil und Ehegatte des Mitglieds aber mit seinem Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze liegt und sein Gesamteinkommen regelmäßig höher ist als das Gesamteinkommen des Mitglieds.

Die Leistungen
Jeder Versicherte einer gesetzlichen Krankenversicherung erhält die gleichen Leistungen. Die medizinische Grundversorgung ist damit in jedem Fall gesichert. Dabei gilt für die Leistungen das "Wirtschaftlichkeitsgebot": Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Gesetzlich krankenversicherte Personen haben Anspruch auf eine umfassende medizinische Vorsorgung und zwar unabhängig von ihrem Einkommen und ihrem Alter. Der Gesetzgeber hat die grundsätzlichen Leistungsansprüche festgeschrieben:

  • Leistungen, die der Vermeidung und Linderung von Krankheiten dienen sowie Leistungen zur Empfängnisverhütung und zum Schwangerschaftsabbruch
  • Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten
  • Leistungen zur Behandlung von Krankheiten

Für den exakten Umfang der Leistungen aber gibt es keine Garantie. Der Gesetzgeber kann jederzeit den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen neu festlegen.

Gesetzliche Krankenkassen können zusätzlich in ihren Satzungen weitere Leistungsverpflichtungen festschreiben - vom Reiseimpfschutz bis zu Gesundheitskursen im Urlaub. Da der Wettbewerb gerade in diesem Bereich immer stärker zunimmt, lohnt sich der Vergleich.

Die Abrechnung der gesetzlichen erfolgt nach dem "Sachmittelprinzip". Die Krankenkassen rechnen direkt mit dem Arzt oder Krankenhaus ab. Der Patient muss nichts vorfinanzieren, erfährt aber auch nichts über die tatsächlich entstandenen Kosten. Jedes Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung kann einen Arzt seiner Wahl konsultieren - solange der kassenärztlich zugelassen ist. Die Kosten werden direkt von seiner Krankenversicherung übernommen. Bei Medikamenten wird ein Eigenanteil fällig. Arzneimittel zur Behandlung von geringfügigen Gesundheitsstörungen bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen nicht  - ob Abführmittel, Hustensaft oder Nasenspray.

Bei Massagen oder Krankengymnastik sowie Hilfsmitteln wie Bandagen oder Einlagen trägt der Versicherte einen Teil der Kosten selbst. Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, deren Einkommen besonders niedrig ist, können sich nach einer "Überforderungsklausel" von Zuzahlungen befreien lassen. Übersteigen bei chronisch Kranken die Zuzahlungen aufgrund derselben Krankheit ein Prozent des Bruttoeinkommens pro Jahr, sind auch sie von Eigenleistungen frei. Jeder dritte Kassenpatient in Deutschland ist von Zuzahlungen befreit!

Während die Kosten von Zahnbehandlung und Zahnerhaltung von den gesetzlichen Krankenkassen vollständig übernommen werden, zahlt der Patient bei Kronen, Brücken, Teil- oder Vollprothesen die Hälfte selbst. Nur wenn er eine umfangreiche Prophylaxe über fünf oder zehn Jahre nachweisen kann, reduziert sich der Eigenanteil.

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten einer stationären Behandlung im Krankenhaus ohne zeitliche Begrenzung vollständig. Die Wahlfreiheit des Krankenhauses selbst ist allerdings eingeschränkt. Der Arzt muss in das nächstgelegene Krankenhaus, das die erforderliche Therapie durchführen kann, einweisen. Im Krankenhaus erhält der Versicherte alle medizinisch notwendigen Leistungen und die Behandlung durch den diensthabenden Arzt. Anspruch auf ein Zwei- oder Einbettzimmer oder Behandlung durch den Chefarzt haben nur Privatpatienten.

Alle pflichtversicherten Mitglieder erhalten auch Krankengeld. Das Krankengeld wird als "Einkommensersatzleistung" nach Ablauf der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber an erwerbstätige, zahlende Mitglieder geleistet. Studenten, Familienversicherte und Rentner haben einen solchen Anspruch nicht. Das Krankengeld beläuft sich auf 70 Prozent des Bruttoarbeitsentgelts, maximal auf 90 Prozent des Nettolohns. Wenn das fürs Haushaltsbudget nicht reicht, empfiehlt sich der Abschluss einer Zusatzversicherung.

Auch die häusliche Pflege gehört zu den kassenfinanzierten Leistungen, wenn sie aus medizinischen Gründen erforderlich ist und dadurch ein Krankenhausaufenthalt vermieden werden kann. Schwangere und junge Mütter haben Anspruch auf häusliche Pflege oder eine Haushaltshilfe, wenn dies aus medizinischen Gründen geboten ist und keine im Haushalt lebende Person die Pflege oder Versorgung übernehmen kann.

Und wie bekommt der Arzt sein Geld?
Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen eine Pauschale pro Versicherten an die jeweils regional zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV). Der Betrag enthält auch die Aufwendungen für mitversicherte, aber nicht beitragszahlende Familienangehörige (zum Beispiel Kinder oder nicht-verdienende Ehepartner). Diese Pauschale deckt die ambulante Behandlung einer ganzen Familie in einem Jahr. Es ist dabei gleichgültig, ob die Familie groß oder klein ist, häufig oder selten zum Arzt geht.

Die Verteilung dieser «Gesamtvergütung» auf die einzelnen Kassenärzte ist Sache der KV. Das Problem dabei: Die Pauschalzahlungen für das gesamte Jahr müssen reichen, um sämtliche medizinisch notwendigen Leistungen für die Patienten abzugelten. Werden mehr medizinische Leistungen notwendig als geplant, steigt die Bezahlung für die ärztlichen Leistungen nicht automatisch. Das bedeutet: Die Ärzte tragen das Krankheitsrisiko der Bevölkerung.

Arzneimittel
In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat jeder Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln, sofern sie in Deutschland eine Zulassung erhalten haben (also zum Beispiel keine Nahrungsergänzungsmittel) und apothekenpflichtig sind (also zum Beispiel keine freiverkäuflichen Vitamine aus Drogeriemärkten). Bestimmte Arzneimittel dürfen die Krankenkassen aufgrund ergänzender gesetzlicher Regelungen nicht bezahlen: Arzneimittel an Volljährige zur Behandlung geringfügiger Gesundheitsstörungen, zum Beispiel Hustensäfte bei Erkältungen, und Arzneimittel der Negativliste, die durch Rechtsverordnung als unzweckmäßig oder unwirtschaftlich ausgeschlossen sind. Arzneimittel, bei denen eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht (so genannte Lifestyle-Arzneimittel) sind ebenso aus der Leistungspflicht der GKV ausgenommen wie nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Voraussetzung für die Leistungspflicht der Krankenkassen ist eine ärztliche Verordnung (Rezept).

In der stationären Versorgung erhalten die Patientinnen und Patienten Arzneimittel im Rahmen der Krankenhausbehandlung; hierfür werden keine Rezepte ausgestellt.

Der behandelnde Arzt entscheidet über die Verordnung der Arzneimittel. In der ambulanten Versorgung stellt der Arzt ein Kassenrezept aus, wenn das Arzneimittel zur Behandlung medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und wenn das Mittel nicht durch gesetzliche Bestimmungen ausgeschlossen ist. Damit die notwendigen Arzneimittel verordnet, zugleich aber auch überflüssige Kosten in der Arzneimittelversorgung vermieden werden, gibt es besondere gesetzliche Regelungen zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit.

Aut-idem-Regelung
"Aut idem" ist lateinisch und bedeutet: "oder das Gleiche". Im Apothekenrecht wird damit die Möglichkeit des Apothekers beschrieben, statt eines vom Arzt verordneten Arzneimittels ein anderes, wirkstoffgleiches Präparat an den Patienten abzugeben. Denn durch die Abgabe preisgünstiger, wirkstoffgleicher Arzneimittel können bedeutende Einsparungen erzielt werden.

Das Präparat muss in Wirkungsstärke und Packungsgröße mit dem verordneten Arzneimittel identisch und für das gleiche Krankheitsbild zugelassen sein sowie die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform haben (zum Beispiel Tabletten / Dragees).