Viele Wintersportunfälle in den Alpen

Helmpflicht gefordert

Die Zahl der Wintersportunfälle in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist in den ersten Monaten der laufenden Saison bereits stark gestiegen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa). «Wir fliegen mit mehreren Hubschraubern täglich vier bis fünf Einsätze mit schwer verletzten Ski- und Snowboardfahrern», sagte Herbert Forster, Unfallchirurg der Bergwacht in Immenstadt im Oberallgäu. Auch zu Rodelunfällen werden die Retter immer häufiger gerufen. Noch lägen keine genauen Zahlen vor. Der Zuwachs im Vergleich zu früheren Jahren liege in einigen Regionen aber schon jetzt bei rund 20 Prozent.

Auch in Österreich wird wegen des frühen Schneefalls mit mehr Wintersportunfällen gerechnet: In der vergangenen Saison zählte das Kuratorium für Verkehrssicherheit 59 100 Ski- und Snowboardunfälle, die Schätzung für dieses Jahr liegt bei 60 000. Nach Berechnungen der Wiener Zeitung «Der Standard» verunglücken in Österreich inzwischen mehr Menschen an verschneiten Berghängen als auf der Straße.

Mindestens 20 Menschen kamen nach Angaben des Umweltministeriums bereits in dieser Saison im Schnee ums Leben, der Großteil davon sind
Lawinenunfälle: 13 Menschen starben nach Medienberichten in Schneemassen. Gründe dafür waren nach Angaben von Experten eine ungünstige Wetterlage aus Neuschnee mit starkem Wind und der Leichtsinn der Menschen.

In der Schweiz gab es nach Auskunft der Rettungsflugwacht Rega in der seit November laufenden Wintersportsaison bereits fünf Tote.
«Dies ist im Vergleich sehr viel, da wir solche Zahlen meistens sonst nur für die ganze Saison bis April haben», sagte ein Rega-Sprecher.

Übereinstimmend fordern Ärzte, Versicherer und die Bergwacht eine Helmpflicht für Wintersportler. «Ich bin der Überzeugung, dass dadurch schwerwiegende Unfälle vermieden werden könnten», sagte Rolf- Dieter Winkler, Landesleiter der Bergwacht im Fichtelgebirge (Bayern). Der Gesetzgeber werde um die Einführung der Helmpflicht letztlich nicht umhin kommen. Wenn es auf Pisten zu Kopfverletzungen komme, seien es bei Sportlern ohne Helm meistens schwere Schädel- Hirn-Verletzungen, sagte Forster.

Dramatisch haben auch die Rodelunfälle in den Wintersportgebieten zugenommen, in Österreich kamen einige Menschen beim Schlittenfahren bereits ums Leben. «Die Schlitten sind inzwischen schnelle Geschosse, mit denen auch Erwachsene auf steilen, schnellen Rodelpisten zu Tal rasen», sagte der Marktoberdorfer Sportarzt Claus Huyer. Auf den Rodelhütten werde vor der Abfahrt am späten Nachmittag oft kräftig Alkohol getrunken, dann komme es zu vielen Unfällen mit zum Teil schweren Wirbelsäulen- oder Knieverletzungen. «Die Leute können nicht mehr lenken und knallen in Zäune oder Bäume», sagt der Sprecher der österreichischen Bergrettungsdienste, Gerald Lehner. Besonders die runden Plastikbobs seien sehr gefährlich, da sie kaum zu steuern seien. Sicherer sei noch der klassische Holzschlitten.

Die hohe Geschwindigkeit auf den gut präparierten, aber oft beinharten Pisten sehen alle Experten als Ursache für die gestiegenen Unfallzahlen, obwohl sich die Sicherheitsausrüstung der Wintersportler deutlich verbessert habe. «Kurz gesagt: Die Snowboarder verletzen sich oben, an Schulter, Armen, Ellbogen und Handgelenken, die Skifahrer trifft es unten, an Knien, Unterschenkeln und den Bändern», charakterisiert Unfallchirurg Forster die Verletzungen. «Ab Mittag haben wir in den Kliniken eine wahre Invasion von Verletzten, 30 bis 40 am Tag. Zur Zeit boomt es richtig.» Inzwischen haben die Wintersportunfälle mit Schwerstverletzten eine ähnliche Dimension wie bei Motorradunfällen im Sommer erreicht, erklärt Ruprecht Beickert von der Unfallklinik Murnau. Die Zahlen würden kontinuierlich zunehmen.

Über die Weihnachtsferien hatten Bergwacht und Rotes Kreuz auf den Pisten viel zu tun, in Oberbayern und im Allgäu waren es zwischen 20 und 40 Notfallsituationen täglich. In den Skigebieten rund um das österreichische Salzburg gab es nach Medienberichten allein am 1. Weihnachtsfeiertag 200 Verletzte. In Unterfranken, im Fichtelgebirge und im Bayerischen Wald zeigte sich - gegen den Trend im Alpenvorland - noch keine nennenswerte Zunahme. Wenn es auf den Pisten krachte, waren es in der Regel Zusammenstöße oder schwere Stürze wegen zu hoher Geschwindigkeit.