Tag gegen Lärm: Zehn Prozent leiden unter Straßenlärm

Es ist ein Tag, der auf Lärm und seine Folgen für Menschen aufmerksam
macht. Den Tag gegen Lärm gibt es bereits zum 27. Mal - und vieles
ist noch zu tun.

 

Mainz (dpa/lrs)  - Jeder Zehnte in Rheinland-Pfalz leidet laut
Landesamt für Umwelt unter Straßenlärm. Die Betroffenen wohnten an
Hauptverkehrsstraßen und seien dort einem mittleren Lärmpegel von
mehr als 55 Dezibel ausgesetzt, teilte das Landesamt für Umwelt (LfU)
 Rheinland-Pfalz in Mainz zum Tag gegen Lärm am Mittwoch mit. Um
Menschen im Land vor gesundheitsgefährdender Lärmbelastung durch
Umgebungslärm zu schützen, werde derzeit unter Federführung des LfU
der landesweit erste Lärmaktionsplan erstellt.

Noch bis zum 15. Mai könnten Bürger, Gemeinden und Behörden
Stellungnahmen dazu abgeben. Dann ende die zweite Phase der
Beteiligung der Öffentlichkeit zur Aufstellung des Lärmaktionsplans.
«Jede Eingabe wird geprüft und kann zu lärmmindernden Maßnahmen
beitragen», sagte der Präsident vom LfU, Frank Wissmann.

Die Festlegung von «ruhigen Gebieten» ermögliche es, Areale vor
«zunehmender Verlärmung zu schützen und den Erholungswert zu
erhalten». Mit jenen ruhigen Gebieten hätten Gemeinden die
Möglichkeit, planerisch Lärmvorsorge zu betreiben. 

Lärm kann krankmachen

Neben zusätzlichen ruhigen Gebieten sollen über den Lärmaktionsplan
auch bestehende ruhige Gebiete weiter geschützt werden. Der
landesweite Lärmaktionsplan solle spätestens bis zum 18. Juli
veröffentlicht werden. Guter Lärmschutz sei wichtig für Wohn- und
Lebensqualität: Lärm könne zu Lern-, Konzentrations- und
Schlafstörungen führen. 

«Wir unterscheiden zwei Wirkungen, die durch Lärm ausgelöst werden.
Die direkte Wirkung auf das Hörorgan bei sehr hohen Werten oberhalb
von 100 Dezibel und die indirekte Wirkung bei Lärmwerten zwischen 50
und 60 Dezibel», erklärte Professor Thomas Münzel von der
Universitätsmedizin Mainz. Dieser störe Schlaf und Kommunikation, das
führe zu Stress. Bleibe dieser über längere Zeit bestehen, steige das

Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erklärte der Mediziner. Auch
könne Lärm zu psychischen Erkrankungen wie Angststörungen,
Depressionen und Demenz führen. Es sei davon auszugehen, dass vor
allem der nächtliche Lärm besonders gesundheitsschädigend sei. 

Unter dem diesjährigen Motto «Ruhe gewinnt, die Zukunft beginnt»
stehen beim Tag gegen Lärm Stadt, Lärm und Klimawandel im Fokus. Der
Tag - International Noise Awareness Day - findet seit 1998 in
Deutschland statt. Der Aktionstag soll die Aufmerksamkeit auf
Ursachen von Lärm und seine Wirkungen lenken. Zudem soll
sensibilisiert werden, im Alltag Lärm möglichst zu vermeiden.

Bahnlärm im Mittelrheintal

Auch das Bürgernetzwerk Pro Rheintal meldet sich zum Tag gegen Lärm
zu Wort: «Im Mittelrheintal, das nach dem Bau der ICE-Strecke Köln -
Frankfurt, zur europäischen Güterverkehrstrasse ausgebaut wurde,
erleben die Menschen jetzt seit über zwei Jahrzehnten diesen
höllischen Güterzug-Nachtlärm», hieß es in einer Mitteilung. Viel
e
Anwohner seien bereits daran erkrankt oder verstorben.

Politiker beriefen sich darauf, im Mittelrheintal bereits
verschiedene Lärmschutzmaßnahmen gemacht zu haben. «Dass das dies
nicht funktioniert hat, kann jeder, der das Tal besucht, selbst hören
und sich von den Anwohnern bestätigen lassen», teilte Pro Rheintal
mit. 

Das Netzwerk fordert seit Längerem ein Tempo-Limit von 50 Kilometern
pro Stunde in Ortsdurchfahrten. Bundesverkehrsminister Volker Wissing
(FDP) hatte einem solchen Tempolimit eine Absage erteilt. 

Die Deutsche Bahn hat ein Lärmschutzprogramm Mittelrheintal, das aus
Projekten an mehreren Orten entlang des Rheins besteht. In 20
Kommunen von Leutesdorf im Norden bis Eltville im Süden sollen bis
zum Jahr 2028 Lärmschutzwände entstehen. Rheinland-Pfalz, Hessen und
der Bund investieren laut Bahn mehr als 130 Millionen Euro in der
Region.

Die Bahnstrecke im Mittelrheintal sorgt seit Jahren für Diskussionen.
Sie ist Teil einer der wichtigsten europäischen Verkehrsachsen für
den Nord-Süd-Verkehr. Das schalltrichterartige Tal mit dem berühmten
Loreley-Felsen leidet unter dem extremen Bahnlärm. Pro Rheintal ist
frustriert: Der inzwischen 27. Tag gegen Lärm sei «erneut kein Tag
für die Menschen», denn es ändere sich nichts.

Lärmmelder gesucht!

Laut ökologischem Verkehrsclub VCD sind 16 Millionen Menschen
bundesweit krank machendem Lärm durch Straßenverkehr ausgesetzt.
Bürger falle es oft schwer, etwas gegen dieses Problem zu
unternehmen, teilte der Umweltverband mit. Daher sei mit der
Deutschen Umwelthilfe das Projekt «Ruhe bitte!» gestartet worden:
Wichtiger Bestandteil sei ein Online-Tool, mit dem Lärmprobleme mit
wenigen Klicks gemeldet werden könnten. So könnte bei der Verwaltung
wirksamer Lärmschutz eingefordert werden.