Parteiübergreifende Initiative zu Prüfung von Schwangeren-Bluttest

Werdende Eltern haben vor allem eine Sorge: Ist unser Kind gesund?
Seit 2022 übernehmen die Kassen einen bestimmten Bluttest zur
Bestimmung des Trisomie-Risikos. Das ist aber umstritten.

Berlin (dpa) - Mehr als 120 Politiker verschiedener Parteien im
Bundestag fordern unter anderem wegen ethischer Bedenken eine
Überprüfung von Bluttests in der Schwangerschaft auf Trisomie als
Kassenleistung. Am Mittwoch debattierte das Parlament erstmals über
einen entsprechenden Antrag der Abgeordneten von Union, SPD, Grünen,
FDP und Linken. Vertreter dieser interfraktionellen Gruppe halten es
für problematisch, dass der sogenannte nicht-invasive Pränataltest
(NIPT) seit Sommer 2022 von den Krankenkassen übernommen wird.

Regierung soll Datenerhebung veranlassen

In ihrem gemeinsamen Antrag wiederholen sie, was bereits die
Bundesländer der Bundesregierung im vergangenen Jahr per
Bundesratsentschließung aufgetragen hatten: Die Regierung solle eine
Datenerhebung zu den Folgen der Kassenzulassung des NIPT veranlassen.
Erfasst werden soll dabei zum Beispiel, wie viele Schwangere den Test
aus welchen Gründen in Anspruch nehmen und wie sich die Geburtenrate
von Kindern mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) entwickelt. Außerdem wird
die Einrichtung eines Expertengremiums gefordert, das die ethischen,
rechtlichen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung
prüft.

Es klingt eigentlich ganz simpel: Ein Bluttest zur Bestimmung des
Risikos einer Behinderung des Babys - bezahlt von der Krankenkasse.
Doch Schwangere und ihre Familien kann schon die Frage, ob sie den
Test machen wollen und erst recht das Testergebnis in extrem
schwierige Situationen stürzen. Die Kritiker haben große ethische
Bedenken. 

Diskriminierung und Selektion?

So sieht die Grünen-Abgeordnete Corinna Rüffer als eine der
beteiligten Politikerinnen durch die Kassenfinanzierung des NIPT
«fundamentale ethische Fragen und Werte unserer Gesellschaft»
berührt. «Denn es geht beim vorgeburtlichen Bluttest nicht um eine
soziale Frage oder um Selbstbestimmung - sondern um Diskriminierung
und Selektion.» Der CDU-Politiker Hubert Hüppe ist der Ansicht, dass
sich durch die Kostenübernahme durch die Kassen «die Gefahr von
eugenischen Tendenzen zulasten von Menschen mit Trisomie 13, Trisomie
18 und Trisomie 21 verfestigt». 

Die Mitglieder der Gruppe eine die Überzeugung, dass die
vorgeburtliche Untersuchung auf die Trisomien 13, 18 und 21 nicht zur
Routine in der Schwangerschaft werden dürfe, hieß es vor der Beratung
des Antrags im Bundestag. «Nach Auffassung der Gruppe widersprechen
der Trisomien-Bluttest und selektive Pränataldiagnostik grundsätzlich
der Idee einer inklusiven Gesellschaft und Artikel 8 der
UN-Behindertenrechtskonvention.»

Test kann werdende Eltern unter Druck setzen

Beim NIPT wird der werdenden Mutter Blut abgenommen, ab der zehnten
Woche ist der Test möglich. Ist das Ergebnis unauffällig, ist es
«sehr unwahrscheinlich, dass das Ungeborene eine Trisomie hat».
Weitere Untersuchungen seien dann zur Abklärung nicht nötig, wie es
beim Gemeinsamen Bundesausschusses im Gesundheitssystem heißt, der
darüber entscheidet, was Kassenleistung ist und was nicht. Ist der
Test auffällig, sei das «ein starker Hinweis auf eine Trisomie» und
zur Abklärung zum Beispiel eine Fruchtwasseruntersuchung nötig. 

Das Problem: Es kann passieren, dass das Ergebnis falsch-positiv ist
und das Kind keine Trisomie hat. Eltern stehen bei einem positiven
Ergebnis aber in jedem Fall vor der Entscheidung, zur Abklärung eine
nicht risikofreie Fruchtwasseruntersuchung zu machen, bei der mit
einer Nadel durch die Bauchdecke Fruchtwasser entnommen wird. Als
schwerwiegendste Komplikation kann eine solche Punktion eine
Fehlgeburt zur Folge haben. Auf der anderen Seite schließt ein
negatives NIPT-Ergebnis eine Trisomie auch nicht hundertprozentig
aus, Eltern könnten sich in falscher Sicherheit wiegen. Auch das
Warten auf das Ergebnis kann Schwangere und ihre Familien bereits
belasten.

Kritiker befürchten faktische Reihenuntersuchung

Die Kassen übernehmen den Test, wenn es aufgrund anderer
Untersuchungen Hinweise auf eine Trisomie gibt oder wenn eine Frau
gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu der Überzeugung kommt,
dass der Test in ihrer persönlichen Situation notwendig ist. Das
halten die Kritiker für zu weit gefasst: «Es lässt sich daher
befürchten, dass Schwangeren unabhängig von einer medizinischen
Relevanz empfohlen wird, den NIPT vornehmen zu lassen, unter anderem,
damit sich Ärztinnen und Ärzte absichern können», heißt es in der

Entschließung des Bundesrats und dem Antrag der Parlamentarier. Dies
provoziere potenziell, dass der Test so regelmäßig angewendet werden
könnte, dass es faktisch einer Reihenuntersuchung, vorrangig auf
Trisomie 21, gleichkommen könnte. 

Zahlen zur Inanspruchnahme des Tests auf Kassenkosten hatte die
Unionsfraktion bei der Bundesregierung abgefragt. Demnach nutzten
seit der Einführung des NIPT als Kassenleistung im Sommer 2022 pro
Quartal rund 50 000 bis 70 000 schwangere Frauen das Angebot. 2022
wurden laut Statistischem Bundesamt in Deutschland etwa 738 000
Kinder lebend geboren.