Zwischen Liebe und Leiden: Frau schildert Beziehung zu getötetem Arzt

Ende 2022 wurde ein Arzt in der Eifel getötet. Die angeklagte
Ex-Lebensgefährtin schildert, wie es dazu kam. Nach Alkohol,
Beleidigungen und Gewalt.

Trier (dpa/lrs) - Eine Beziehung zwischen Liebe und Leiden, zwischen
«Seelenverwandtschaft» und Gewalt: Davon hat die wegen
gemeinschaftlichen Totschlags angeklagte Ex-Lebensgefährtin eines
Arztes in der Eifel am Dienstag vor dem Landgericht Trier berichtet.
Die 35 Jahre alte Frau sprach von Beleidigungen und körperlicher
Gewalt durch den 53 Jahre alten Mediziner. «Ich entschuldige mich für
das, was ich getan habe. Aber ich schäme mich nicht», sagte die Frau
in einer von ihrem Anwalt verlesenen Erklärung. Sie beschrieb
detailliert die Ereignisse, nachdem ihr zur Tatzeit 16-jähriger Sohn
und dessen ebenfalls 16 Jahre alter Stiefbruder den Arzt in dessen
Haus in Gerolstein umbrachten. 

Sie habe den Arzt, mit dem sie seit 2012 zusammenlebte, «trotz allem,
was er mir angetan hat, geliebt». Zunächst hatte sie selbst, immer
wieder von Tränen und Schluchzen unterbrochen, den Arzt als
«Seelenverwandten beschrieben. Sie hatte ihn während ihrer Ausbildung
zur Krankenschwester kennengelernt. «Wir haben uns oft ohne Worte
verstanden. Ich liebe ihn für immer.» Er sei «ein ganz besonderer
Mensch» gewesen, «höflich und romantisch»: «Wir haben uns geliebt
und
konnten nicht ohneeinander sein.»

Allerdings habe er nach der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes 2012
angefangen, viel zu trinken: «Wenn er nüchtern war, war es wieder
gut.» Die KInder - drei kleine gemeinsame Kinder mit dem Arzt sowie
ihr 16-jähriger Sohn und dessen Stiefbruder - hätten Angst vor dem
Arzt gehabt. Dieser habe aber eine Therapie abgelehnt, «weil er Angst
um seine Approbation hatte». Alkohol gehöre zu seinem Leben, habe er
gesagt. Woraufhin sie geantwortet habe: «Dann ist hier kein Platz für
uns. Er habe versprochen: «Im nächsten Jahr wird es besser.»

Tatsächlich aber habe er sie am 30. Dezember 2022 betrunken beleidigt
und ins Gesicht und auf den Kopf geschlagen. «Solche wie ich gehörten
von der Erde ausradiert», habe er gesagt. Er werde sie «töten, durch

den Häcksler jagen und im Klo wegspülen». Dabei habe er ein Messer in

der Hand, eine Flasche Whisky auf dem Tisch und eine Axt vor sich
liegen gehabt. Dies hätten auch ihr 16-jähriger Sohn und dessen
Stiefbruder mitbekommen. «Er wird uns nicht in Ruhe lassen, solange
wir hier sind», habe ihr Sohn gesagt. Gemeinsam habe sie mit den
Kindern dann noch den Film «Der König der Löwen» gesehen. 

Sie sei im ersten Stockwerk ins Bett gegangen. In der Nacht sei sie
von ihrem Sohn geweckt worden, der ihr gesagt habe, dass er gemeinsam
mit seinem Stiefbruder den Arzt mit einem Schraubenschlüssel und mit
einem um den Hals gezogenen Kabelbinder getötet habe. Denn der sei
«wieder aggressiv gewesen». Sie habe die Tat nicht mitbekommen, die
die beiden Jugendlichen ihr geschildert hätten. Sie habe gesagt, man
müsse die Polizei rufen. Dies sei von den beiden Jugendlichen aber
abgelehnt worden. «Ich wusste nicht mehr, was richtig und was falsch
war», sagte sie. Sie habe bereits den Lebensgefährten verloren: «Und

ich wollte nicht auch noch meinen Sohn verlieren.» Sie habe dafür
gesorgt, dass die drei kleinen gemeinsamen Kinder von dem Ganzen
nichts mitbekommen hätten.

In der darauffolgenden Silvesternacht habe man dann gemeinsam den
Mann in einem nahegelegenen Waldstück vergraben. Das von den beiden
Jugendlichen ausgehobene Grab sei zu klein gewesen, einen
herausragenden Fuß habe man mit Steinen abgedeckt. «Als wir fertig
waren, war es Mitternacht und wir hörten das Feuerwerk.» Nachdem man
gegen 01.00 Uhr wieder daheim gewesen sei, «haben die Jungs noch
etwas Feuerwerk gemacht». 

Bei den jungen Männern lautet die Anklage auf gemeinschaftlichen Mord
wegen Heimtücke. Die Frau sagte, ihr Sohn habe ihr unter Bezug auf
das Verhalten des Arztes gesagt: «Ich war sauer. Aber ich wollte ihn
nicht umbringen.» Der Stiefbruder erklärte lediglich über seinen
Anwalt: «Ich räume den Tatvorwurf vollumfänglich ein».

Am Ende der Verhandlung bat die in Handschellen vorgeführte Frau um
Erlaubnis, ihren in Untersuchungshaft befindlichen Sohn «einmal
drücken» zu dürfen. Dies wurde vom Vorsitzenden Richter Günther
Köhler erlaubt, «wenn dabei nicht gesprochen wird». Wortlos umarmten

und küssten sich Mutter und Sohn immer wieder. Dann klickten wieder
die Handschellen.