Vorerst Flickenteppich bei Cannabis-Bußgeldern Von Sascha Meyer und Matthias Armborst, dpa

Joints sind jetzt für Erwachsene erlaubt - aber nicht überall. Und
was passiert bei Verstößen? Über konkrete Bußgelder grübeln die
meisten Länder noch. Auch im Autoverkehr sollen Sanktionen kommen.

Berlin (dpa) - Die umstrittene Legalisierung von Cannabis gilt seit
dem 1. April - mit diversen Vorgaben und Regeln, die jetzt aber auch
einzuhalten und zu überwachen sind. Das Bundesgesetz legt einen
Rahmen dafür fest, wie teuer Verstöße werden können. Doch was hei
ßt
das genau für ertappte Kiffer und amtliche Kontrollen vor Ort? Erste
Bundesländer bereiten Bußgeldkataloge und weitere Vorschriften wie
Verbotszonen etwa bei großen Festen vor. Kommen soll bald auch ein
Grenzwert für Cannabis am Steuer, ebenfalls verbunden mit Bußgeldern
bei Überschreitungen.

Besitz und Anbau der Droge sind nun für Volljährige zum Eigenkonsum
erlaubt. Aber nur in begrenzten Mengen und mit Tabuzonen fürs Kiffen
etwa auf Spielplätzen, in Schulen und in Sichtweite davon. Wer
dagegen fahrlässig oder mit Vorsatz verstößt, begeht eine
Ordnungswidrigkeit. Und geahndet werden kann das laut Gesetz mit
Bußen von bis zu 30 000 Euro. Das heißt aber nicht, dass es gleich so
teuer wird. 

Der Bußgeldrahmen

Als untere Grenze sieht das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten einen
Mindestbetrag von 5 Euro vor, wie das Bundesjustizministerium
grundsätzlich erläutert. Die Höchstsumme ergibt sich aus der im
Cannabisgesetz genannten Obergrenze. Innerhalb dieses Rahmens
bestimmt dann die zuständige Behörde die im Einzelfall angemessene
Geldbuße, wie es weiter heißt. Und den Ländern stehe es auch frei,
sich mit anderen interessierten Ländern zusammenzutun, um ein
gemeinsames Vorgehen - etwa den Erlass eines Bußgeldkatalogs - zu
erörtern. 

Neue Verbotszonen

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte der Deutschen
Presse-Agentur: «Die Ankündigung einiger Länder, nach dem Ende der
Verbotspolitik im Bund nun selber Cannabis-Verbotszonen einrichten zu
wollen, verwundert.» Es sei offensichtlich, dass neue Verbote
aufwendige juristische Verfahren, umständliche Kontrollen und
überbordende Bürokratie nach sich ziehen würden. Das Cannabisgesetz
habe Polizei und Justiz mittelbar deutlich entlastet. Er gehe zudem
davon aus, dass in den Ländern bekannt sein dürfte, dass Gerichte
auch Alkoholverbotszonen vielerorts gekippt hätten. Als Arzt müsse er
sagen, dass den Menschen mehr geholfen wäre, wenn nun Aufmerksamkeit
und Engagement aller Beteiligten mehr auf Prävention und Aufklärung
hinsichtlich der Gefahren gerichtet würden - «und nicht auf
wirkungslose wie gleichermaßen umständliche Verbote».

Flickenteppich in den Ländern

Eine einheitliche Linie in ganz Deutschland zeichnet sich vorerst
nicht ab. Bayern preschte vor und setzte schon einen Katalog mit
Bußgeldern in Kraft - zum Beispiel 1000 Euro für Cannabis-Konsum in
Gegenwart von Kindern. Zudem verbietet der Freistaat das Kiffen auf
Volksfesten wie dem Oktoberfest und in Biergärten. Ziel sei,
Cannabis-Konsum in der Öffentlichkeit zu begrenzen, sagte
Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Das sei wichtig besonders
für den Kinder- und Jugendschutz.

In Hessen laufen in der Regierung Abstimmungen zur Einrichtung von
Verbotszonen etwa für Großveranstaltungen, wie Innenminister Roman
Poseck (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden mitteilte.
Sein Ziel sei auch, zeitnah einen Katalog mit konkreten Bußgeldern
festzulegen. Abstandsregeln etwa zu Kindergärten und Schulen sollen
von der Polizei konsequent überwacht werden. 

Auch Hamburg will bald einen Bußgeldkatalog beschließen. Zu Höhen
gibt es noch keine Auskunft, dem Vernehmen nach dürften sie sich aber
am bayerischen Katalog orientieren. «Natürlich wäre es sinnvoll, bei

einem Bundesgesetz wie dem Cannabisgesetz, einen bundeseinheitlichen
Bußgeldkatalog festzulegen», gab Innensenator Andy Grote (SPD) zu
bedenken. In Baden-Württemberg stimmt sich die Regierung noch ab.
Beim Frühlingsfest in Stuttgart, das an diesem Samstag beginnt, ist
Kiffen laut Veranstalter tabu - denn das Fest ist auch für Kinder und
Familien gedacht.

Cannabis am Steuer

Festgesetzt werden soll auch ein Grenzwert für den Cannabis-Wirkstoff
THC im Straßenverkehr. Dazu kursiert ein erster Entwurf für eine
Gesetzesregelung, über den die «Augsburger Allgemeine» (Freitag)
berichtete. Ordnungswidrig handelt demnach, wer mit 3,5 Nanogramm THC
je Milliliter Blut oder mehr am Steuer sitzt. Wie bei Verstößen gegen
die 0,5-Promille-Grenze bei Alkohol könnten dann in der Regel 500
Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot drohen. Wenn man Cannabis
konsumiert und dazu noch Alkohol trinkt, könnte das Bußgeld bei 1000
Euro liegen.

Umgesetzt werden soll dies mit einem Gesetz der
Ampel-Koalitionsfraktionen im Bundestag. Einen Grenzwert wie die
0,5-Promille-Marke für Alkohol gibt es bei Cannabis bisher nicht. In
der Rechtsprechung hat sich aber der niedrige Wert von 1 Nanogramm
etabliert, der dem bloßen Nachweis des Wirkstoffs entspricht. Eine
Kommission des Verkehrsministeriums hatte einen Grenzwert von 3,5
Nanogramm empfohlen. Dann sei «eine verkehrssicherheitsrelevante
Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend». Dies
sei mit 0,2 Promille Alkohol vergleichbar.